Der frühe Vogel und so weiter… wir wissen ja alle nur zu gut, dass man an einem Festivalwochenende den Vorratsdatenspeicher an Energie aufbraucht und dass ausreichend Schlaf sonst nur zu Hause zu holen ist. Es ist 11:30 Uhr, der Startschuss für Tag 2 ist gefallen und es wird einem fortan ein 12 Std. Programm auf dem Gelände geboten. Das Line-Up an Tag 2 ist somit prall gefüllt.
Pünktlich über die Mittagszeit verwöhnen Danger of The Sea „very danish“ und in gewohnter Genre-Manier mit zarten Indie-Rock-Klängen, dem bis dato noch leicht schlaftrunkenen Festivalbesuchern den Tag. Genau das richtige um sich einzustimmen. Scheinbar auch genau die perfekte Gelegenheit, Schauplatz und das ideale Publikum für die Band, um ihr Album zu vermarkten. Immerhin verkündet die Band mit „greatest small open air festival in the world“, dass sie sich keinen besseren Platz hätten wünschen können. Etwas turbulenter ist der nächste Gig. Eine noch sehr junge Band aus der Schweiz serviert für die nächste Stunde in schwarzen Anzügen im Retro-Look und auf eine sehr britische Art und Weise den Tanzhungrigen, die sich bei 30 Grad Sonnenschein zum Tanzen motiviert genug fühlen um lediglich mit zu wippen, eine tolle Bühnenshow. Der Ausdruck „jung“ bedeutet an dieser Stelle nicht, dass wir es hier mit einer geringwertigen Schülerband zu tun haben. Im Gegenteil. The Animen genießen derzeit ihren Banderfolg und zum anderen wird in Pressemitteilungen bereits der Vergleich mit Bands wie Two Gallants, The Sonics hergestellt. So heißt es überdies: „ (…)dass sie goldig [sind], das steht fest“.
The Animen
Auch die nächste Band genießt große Publikumsbeliebtheit und springt voll auf den Sympathiezug auf. Die Rede ist von Die höchste Eisenbahn, die derzeit vermehrt in der Musikpresse von sich Reden machen. Kein Wunder, bei der prominenten Bandkonstellation. Bands wie Kid Kopphausen, Tomte, Gisbert zu Knyphausen, den Sänger Moritz Krämer als Support begleitet hat, und Der Hund Marie werden hier laut. Schallend fällt auch der Beifall nach jedem ihrer Songs aus, die so pfiffige Titel wie „Schau in den Lauf, Hase“ tragen. Unterhaltungsfaktor hat auch die Improvisationsphase zwischen all den Liedern, bei dem der Sänger Francesco u.a. von einem Turmspring Erlebnis als 15-jähriger Junge berichtet.
Die Höchste Eisenbahn
Ebenso erwähnenswert ist auch der Auftritt von Mozes and the Firstborn aus Holland, die zugegeben etwas schnoddrig daherkommen. Dem Touralltag sei Dank. Dennoch zeigen die Jungs, dass es einen Grund für ihren vollen Terminkalender gibt. Vielleicht ist es aber auch nur ihr Geschick, den turbulenten Sound-Mix von Garage-Rock, Surf-Sound, bis 70er-Punkrock zu vereinen. Gemäß „I Got Skills“ wie es ihre erste Single verkündet. Die Landesvertreter Mister and Mississippi sind als nächstes dran. Die Band, die sich zu Studienzeiten formiert hat, läuten nun einen Genrewechsel ein. Indie-Folk mit Wohlklang und Gefühl in Sound und Stimme. Sängerin Maxime Barlag sitzt unentwegt auf einem Stuhl und haucht ihre zarten Tönchen ins Mikro. Die Zuschauer folgen ihr gebannt, wobei viele Besucher zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Scharen sondern im Schatten neben der Bühne ihren Platz gefunden haben. Ob es nun die Sonne ist, die müde macht oder aber ihre Musik, sei dahingestellt. Wobei „müde“ bitte nicht als Kritik aufgefasst werden sollte. Es sind leider einfach nur die falschen Rahmenbedingungen mit den Faktoren Zeit, Wetter, Location usw., die nicht ganz aufgehen.
Mozes And The First Born
Es ist 19:00 Uhr und die Sonne sieht nicht ein sich zu verabschieden. Naked Lunch und The Builders and The Butchers läuten das Abendprogramm ein, bevor Wovenhand die finale Klangextase perfekt macht. Nun der Reihe nach. Naked Lunch aus Klagenfurt sind alte Hasen im Business, wenn man es so schnöde ausdrücken darf. Immerhin machen sie schon mehr als 20 Jahre Musik miteinander. Ihrer somit stetig gewachsene Relevanz ist es auch zu verdanken, dass sich nun mehr Fans auf dem Gelände eingefunden haben, die ihre Lieblingsband nicht ohne Applaus im Gepäck ziehen lassen wollen. Das künstlerische Plateau ist jedoch etwas einfältig gehalten und auch Gefühlsausbrüche finden bei der Band nicht statt. Die Bezeichnung „eprobt“ trifft es ganz gut. Etwas unerfahrenerer, doch sicher nicht weniger Bühnenerfahrung besitzt die nächste Band. Die talentierten fünf Musiker aus Portland alias The Builder And The Butcher sprechen mit ihrer Musik eine mannigfaltige Sprache. Ihr Folk Rock mit Gitarre, Schlagzeug, Banjo, Mandoline, Percussions und einem Piano klingt nach den endlosen Weiten in Amerika, in die man sich bei ihrer Musik hineinträumt. Ein bisschen was von Mumford and Sons, Broken Bells und Two Door Cinema Club, sofern man dabei nur die optische Ähnlichkeit der Sänger miteinbezieht. Es ist 22:30 Uhr und die Sonne hat schon längst das Weite gefunden.
The Builders And The Butchers
Wovenhand stehen auf der Bühne. Die US-amerikanische Truppe spielt Alternative Country. Ihr Auftritt ist ein Paradebeispiel dafür, dass es durchaus lohnenswert ist, bis zum Ende durchzuhalten, da einem sonst ein besonderer Klangbeitrag entgehen würde. Alleine schon den fünf Musikern beim Musizieren zuzuschauen ist Unterhaltung pur. Sänger David Eugene Edwards oder besser gesagt: „The one and only Cowboy aus Beverungen“ an diesem Wochenende scheint beim Singen in eine andere Sphäre einzutauchen. Das Publikum tut es ihm gleich. Es herrscht Stillstand und alle lauschen gebannt seiner Stimme und unentwegt seinen Lippen. Der kernige und toughe Musikbeitrag hat Männerherzen höher schlagen lassen, so viel steht fest. Nicht jedermanns Sache, dafür aber als Bereicherung zu sehen. Immerhin wissen nun viele junge Leute mehr, dass „Country“ nicht langweilig bedeuten muss.
Langweilig wird das Programm auch an Tag 3 und somit letzten Tag nicht. Schließlich hebt man sich das Betthupferl ja auch immer bis zum Ende des Tages auf. Nur so viel vorab. Es wird ein musikalischer Gaumenschmaus aufgetischt.
Fotos: Juli L.
Hier geht’s zum 1. Tag und auch zum 3. Tag des OBS 2014.
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