Besucht man das wunderschöne Haldern Pop Festival, so weiß man vorab, dass man mit einer Menge toller Neuentdeckung im Gepäck den kleinen Reitplatz am Niederrhein gen Heimat verlassen wird. Einige dieser Bands werden Weltstars, einige vergisst man ganz schnell wieder und einige begleiten einen in den Winter, ins neue Jahr und vielleicht sogar einen ganzen Lebensabschnitt.
Von einigen erzählt man ganz aufgeregt seinen Freunden, andere enttäuschen, wenn man sie sich aus der Konserve zu Gemüte führt. Ob The Slow Show aus Manchester Weltstars werden, vermag keiner vorauszusagen. Ganz sicher aber ist, dass niemand, der ihren Auftritt im schmucken Spiegelzelt in Haldern gesehen hat, diese Band vergessen wird. Vielmehr wird das Gros der damals Anwesenden ihren Freunden aufgeregt von dieser großartigen Neuentdeckung erzählt haben. Und all diejenigen, die auf ihre Freunde gehört haben, werden mit The Slow Show einen treuen Begleiter gefunden haben, der sie nicht nur live, sondern auch aus der Konserve begeistern wird.
Leider gibt es bis dato nur eine EP, welche die Vorfreude auf den Langspieler dafür aber nahezu ins Unermessliche steigert. Hat sich diese Vorfreude gelohnt? Um es kurz zu machen: Hat sie. Und wie. Mit WHITE WATER legen The Slow Show ein Album vor, das so gut ist, dass es sogar verzeihbar ist, es in der völlig falschen Jahreszeit zu veröffentlichen. Die Instrumentierung, die orchestrale Opulenz, die tieftraurigen Texte und vor allen Dingen der herzerweichende Bariton von Sänger Rob Goodwin, der nicht nur live für offene Münder und Tränen in den Augen sorgt, sind es, die aus WHITE WATER ein Album machen, das perfekt in die dunkle Jahreszeit gepasst hätte. Sei es drum. Auch im Frühling haben wir es mit einem Album zu tun, das aufs Tiefste berührt.
Bereits der erste Song „Dresden“ mit seinem choralen Beginn gibt die Richtung der Platte vor. Chöre, Bläser und Streicher bilden das musikalische Fundament für elf Songs, deren Stil irgendwo zwischen klassischem Americana und sehr reduziertem Dark Folk anzusiedeln ist. Getragen werden die Songs von der Stimme Rob Goodwins, die, wenn sie einsetzt, unweigerlich für eine multiple Gänsehaut sorgt. Mal trostlos, mal dramatisch, jedoch immer berührend wimmelt es auf WHITE WATER an magischen Momenten, die diese Platte nie langweilig werden lassen. Es würde diesem Gesamtkunstwerk nicht gerecht werden, würde man einzelne Songs herauspicken, denn jeder einzelne Song auf dem Debut von The Slow Show bietet so viel zu entdecken. Mit dem Quintett aus dem Nordwesten Englands hat sich das Haldern Pop Label eine fantastische Band gesichert, die mit WHITE WATER ein kleines Meisterwerk vorlegt, das ihnen in den kommenden Monaten eine Menge Aufmerksamkeit bescheren wird.
VÖ: 06.03.2015; Haldern Pop Recordings
Ohr d’Oeuvre: Dresden/ Long Way Home/ Bloodline/ Testing/ Brother/ Bad Day/ Augustine/ Paint You Like A Rose/ Flowers To Burn/ Lucky You, Lucky Me/ God Only Knows
Tracklist:
01. Dresden
02. Long Way Home
03. Bloodline
04. Testing
05. Brother
06. Bad Day
07. Augustine
08. Paint You Like A Rose
09. Flowers To Burn
10. Lucky You, Lucky Me
11. God Only Knows
Gesamteindruck: 9,5/10