Veröffentlicht eine Band aus dem fernen Australien mit THE SMOKE WILL CLEAR ein recht vielbeachtetes Europadebüt, spielt im Anschluss zwei Tourneen mit teils euphorischen Publikumsreaktionen, so kann man von einem durchaus gelungenen Start im alten Europa sprechen. Mit entsprechend hoher Erwartungshaltung fieberten Fans dem neuen Album der vier Jungs aus Adelaide entgegen.
Doch wie es der Teufel will, hatte die Band im Vorfeld zu Album zwei mit so großen Komplikationen zu kämpfen, dass ein Zerbrechen der Paper Arms keine Überraschung gewesen wäre. Nach der letzten Europatour stieg Gitarrist und Gründungsmitglied Max Hunt aus, um sich verstärkt um Job und Privatleben zu kümmern und Sänger Josh Mann zog aus dem südwestlichen Adelaide ins 720 km entfernte Melbourne. Nicht die besten Voraussetzungen, eine neue Platte zu schreiben und aufzunehmen.
Trotz der dürftigen Umstände ist genau dies den Paper Arms jedoch bravourös gelungen. Mit James Hastings (The Burning Sea) als neuem Gitarristen im Schlepptau setzen sich die Jungs mit GREAT MISTAKES zwischen mindestens vier Genrestühle. Das ist zwar gewagt, klappt in diesem Falle jedoch hervorragend. Auf „Volumes“ klingt die Band punkig, in manchen Momenten frönt sie, ohne dabei je pathetisch zu klingen, dem klassischen Alternative-Rock und auf „This Time“ klingen die Paper Arms so grungig, wie es seit den Mid-90s kaum eine Band mehr getan hat. Musikalisch getragen wird das Ganze jedoch von einer Post-Hardcore-Attitüde, die am ehesten mit Bands wie Small Brown Bike, A Death In The Family oder aktuell Make Do and Mend zu vergleichen ist. Dabei steht die Stimme von Sänger Josh Mann auf dem gesamten Album im Vordergrund. Nicht ganz so rau wie die von Band-Freund Chuck Ragan, aber nichtsdestotrotz mindestens so eindringlich.
Insgesamt hat man den Eindruck, dass die Band sich auf GREAT MISTAKES im Vergleich zum Vorgängeralbum sowohl beim Songwriting, als auch bei der musikalischen Umsetzung konsequent weiterentwickelt hat. So treibt die Rhythmusfraktion um Tom Crosby am Schlagzeug und Mike Smith am Bass die Songs dermaßen präzise und druckvoll nach vorne, dass es von Hördurchgang zu Hördurchgang mehr Freude bereitet, die Platte möglichst laut zu hören. Klingt diese beim ersten Hören noch recht eintönig, so entdeckt man von Mal zu Mal neue Feinheiten, die aus zunächst einfachen Songs wahre Songperlen machen. Ein gutes Beispiel hierfür ist „Pick Yourself Up“, ein Song der zunächst im Gesamtwerk unterzugehen scheint, sich dann aber zu einem veritablen Hit entwickelt.
Alleine die Tatsache, dass die Wertung des Albums während des Schreibens der Rezension um ganze zwei Punkte gestiegen ist zeigt, dass es sich bei GREAT MISTAKES um ein Album handelt, das unglaublich wächst. Schenkt man diesem Album die Aufmerksamkeit, die es verdient, wird es zu einem der besten Freunde des Sommers – versprochen.
VÖ: 08.05.2015 / Uncle M
Ohr d’Oeuvre: Volumes Pick, Yourself Up, Shifty, Fader, Factory Settings
Tracklist:
01. Dedication
02. You Don’t Speak For Me
03. Great Mistakes
04. This Time
05. Pick Yourself Up
06. Wake And Run
07. Blackout
08. Volumes
09. Shifty
10. Stumble Over
11. Fader
12. Strings
13. Factory Settings
Gesamteindruck: 8,5/10