Dave Hause – Bury Me In Philly
Was hat sich die Holzfällerhemdenfraktion der Redaktion gefreut, als vergangenen Herbst die Meldung reintrudelte, Dave Hause plane für Anfang 2017 die Veröffentlichung seines dritten Albums BURY ME IN PHILLY. Hoch die karierten Ärmel, hoch die Tassen und verdammt nochmal Ja! – hoch die Erwartungen.
Dave Hause, der Mann der schon 2009 Chuck Ragan, Dan Adriano und oft gar Brian Fallon, während der Revival Tour die Show gestohlen hat. Der Dave Hause, der mit seinem Solo Debüt RESOLUTIONS 2011 schwer überraschte. Nicht weniger überraschend war seine zweite Soloplatte DEVOR 2013, mit ausgefeiltem Songwriting, viel Abwechslung und sehr starken Tracks.
Mit BURY ME IN PHILLY zeigen sich nunmehr erste Abnutzungserscheinungen. Es fehlt die Leichtigkeit, es fehlt an vielen Stellen der Tiefgang, aber vor allem lässt das neue Album Abwechslungsreichtum vermissen. Bis auf eine Ausnahme – „Wild Love“ – haben alle Songs nahezu das gleiche Tempo. Leider hat man oft den Eindruck, als höre man das Nachtfahrt-Autoradioprogramm früherer Tage. Im Opener gibt es noch die starke Textzeile – wenn auch aus dem Zusammenhang gerissen – „i want the next 30 minutes to feel like a fucking crime“. Danach wird es dann leider platt und weniger „fucking crime“. Hause orientiert sich an seinen Vorbildern, Billy Bragg oder Bruce Springsteen, lässt aber seine eigenen Qualitäten viel zu oft auf der Strecke. Statt seinen MelodicPunk Wurzeln stärker zu vertrauen, verlässt er sich auf altbewährte Songstrukturen und – zwar tadellos eingespielt, aber mit zu glatter und wenig ambitionierter Instrumentierung.
Mit „Wild Love“ und „Bury me in Philly“ gibt es zum Schluss zwei kleine Lichtblicke auf der Platte, die die Holzfällerhemdenfraktion hoffnungsvoll stimmt für die anstehenden Livetermine.
VÖ: 3.Februar 2017, Rise Records, http://www.davehause.com
Ohr d’Oeuvre: Wild Love/ Bury Me In Philly
Gesamteindruck: 5/10
Tracklist: With You/ The Flinch/ My Mistake/ The Mermaid/ Shaky Jesus/ Divine Lorraine/ Dirty Fucker/ The Ride/ Helluva Home/ Wild Love/ Bury Me In Philly
(gb)
Smile and Burn – Get Better Get Worse
Smile and Burn aus Berlin gibt es inzwischen seit acht Jahren und trotz ihrer drei Alben und fast 300 Live-Shows sind sie bis dato ein wenig unter dem Punk Rock-Radar in Deutschland geflogen. Den Bandnamen hat man oft gehört, aber irgendwie hat man sich nie richtig mit den fünf Jungs beschäftigt – zu groß war in der Vergangenheit der Schatten der mächtigen Beatsteaks aus Berlin.
Aus diesem Schatten sollten Smile and Burn – wenn alles gut geht und der Punk Rock-Gott wirklich so cool ist wie sein Ruf – mit ihrer neuen, vierten Platte GET BETTER GET WORSE heraustreten.
Es ist immer ein Kreuz, wenn man aus einer Stadt wie Berlin kommt, die irgendwie alle – oder zumindest die, die was mit Punk (früher) und Rock (heute) am Hut haben – mit den Beatsteaks in Verbindung bringen. Auch für den Schreiberling ist es nicht ganz einfach, über eine Platte einer Berliner Punk Band zu schreiben und nicht in jedem zweiten Satz auf die Jungs um Arnim Teutoburg-Weiss zu verweisen. Auch diese Plattenschau wird nicht um einen Vergleich herumkommen. Es wird aber erstens – wenn möglich – bei einem Vergleich bleiben und zweitens gibt es Schlimmeres, als mit den Beatsteaks verglichen zu werden.
Hat man Smile and Burn schon mal live gesehen, so wurde man schier umgehauen von der Energie und Spielfreude der Band. Neben dieser Spielfreude haben die Jungs aber auch die Hits, die es ihnen leichtmachen, auf der Bühne ordentlich durch den Tisch zu treten. Leider hat die Band es nie ganz geschafft, diese Live-Energie auf einen Tonträger zu packen. Anders verhält es sich mit ihrer neuen Platte. Die hört man und sehnt sich förmlich danach, die Songs live zu sehen. GET BETTER GET WORSE verfügt über eine Hitdichte wie man sie lange nicht mehr bei einer Punk Rock-Band hiesiger Gefilde bestaunen durfte. Dabei wandeln die Songs alle auf einem schmalen Grat zwischen Punk, Rock und Pop. Das hat man zuletzt derart überzeugend und frisch auf dem – Achtung, hier ist er: der Beatsteaks Vergleich! – 2002 erschienen Album LIVING TARGETS der Beatsteaks gehört. Ähnlich wie auf LIVING TARGETS gibt es auf GET BETTER GET WORSE kaum Ausfälle. Songs wie „Bye Bye Perfect“ sollten – wenn es mit rechten Dingen zugeht – schon bald zum Standardrepertoire eines jeden Alternative DJs gehören. Mit dieser Platte schwimmen sich Smile and Burn frei und sägen gewaltig am Thron der übermächtigen Berliner Vorbilder.
VÖ: 3.Februar.2017, Uncle M Music, http://smileandburn.com/
Ohr d’Oeuvre: Bye Bye Perfect/ Good Enough/ All Be Okay/ Home
Gesamteindruck: 8/10
Tracklist: Not Happy/ Bye Bye Perfect/ Good Enough/ Lie to Me/ Running on Edges/ One Step Forward/ All Be Okay/ Home/ Nowhere Near You/ Suitcase
(at)