Ron Sexsmith – The Last Rider
Ron Sexsmith ist eine jener talentierten, von der Kritik geliebten, von prominenten Kollegen geschätzten, liebenswürdigen, unermüdlichen, authentischen Figuren des Musikgeschäfts – ohne den großen Erfolg.
Die neue, dreizehnte Studioaufnahme des kanadischen Songwriters wird daran wohl kaum mehr etwas ändern. Noch immer ist Melancholie der bestimmende Gemütszustand und die vorherrschende Songgestaltung eine schwelgerisch verträumte, wie sie beispielsweise bei Belle and Sebastian vorzufinden ist. Das bekannte Setting wird jedoch in zahlreichen Details aufgefrischt. So arbeitet Sexsmith erstmals selber auch als Produzent und sorgt gleichzeitig für eine stärkere Beteiligung der vertrauten Bandmusiker am Entstehungsprozess der Platte. Stellvertretend sei auf das großartige Coverbild verwiesen: War die Regel bisher eine Solo-Darstellung von Sexsmith als entrückter Träumer, so zeigt sich der Wuschelkopf auf THE LAST RIDER nun geradezu dionysisch als Weintrinker im roten Satinkimono an einer sonnigen Tafel im Kreise seiner Mitmusiker.
Die Palette guter Songs auf THE LAST RIDER reicht von der sanften Falsettballade „Only Trouble is“ und country-nahem wie „It won´t last for long“, über das fast soulige „Upward Dog“, das Teenage Fanclub-artige „West Gwillimbury“ bis hin zu den schwungvoll vorwärts rollenden Stücken „Evergreen“ und „Radio“. Weiterhin erwähnenswert ist das abwechslungsreiche „Breakfast Ethereal“.
Die griffigen Phrasen, ohne die ein gutes Songwriter-Album nicht auskommt, liefert Sexsmith mit „Life´s for learning, Mistake´s designed to change your mind.“ und „If your dreams are bigger than your worries, you never have to worry about your dreams.“
THE LAST RIDER ist ein rundum gelungenes Werk ohne nennenswerte Schwächen. Sexsmith rechnete im Vorfeld damit, es würde für eine Weile sein Letztes sein, nun meint er „Wir werden sehen, was kommt“. Wer es gehört hat, hofft auf mehr.
VÖ: 21. April 2017, Cooking Vinyl, http://www.ronsexsmith.com
Ohr d’Oeuvre: Breakfast Ethereal/ West Gwillimbury/ Who We Are Right Now
Gesamteindruck: 7,5/10
Tracklist: It Won’t Last For Long/ Our Way/ Breakfast Ethereal/ Worried Song/ West Gwillimbury/ Who We Are Right Now/ Shoreline/ Dead End Dream/ Evergreen/ Upward Dog/ Only Trouble Is/ Radio/ Every Last One/ Dreams Are Bigger/ Man At The Gate (1913)
(tj)
Joe Goddard – Electric Lines
Joe Goddard – neben Alexis Taylor – einer der beiden musikalischen Köpfe der Londoner Indie-Elektrohelden Hot Chip veröffentlicht mit ELECTRIC LINES sein zweites Soloalbum. Da Hot Chip nie enttäuschten, stellt sich mit dieser Veröffentlichung eher eine andere Frage: In welcher Form setzt Goddard seine kreative Ader als alleiniges Mastermind ohne seine kongenialen Gegenparts von Hot Chip oder The 2 Bears um?
Diese Frage lässt sich sehr einfach beantworten: Goddard lässt seiner Kreativität freien Lauf und legt ein vollends eingängiges, eigenständiges Album vor, was die musikalischen Wurzeln und seine Geschichte nicht verleugnet. Er setzt konsequent seinen Stil, der auch von Hot Chip-Stücken bekannt ist um und ergänzt diesen mit verspielten Elektroelementen wie auch -beats und sampelt sich mit Funk- und Soulsequenzen in Ohr und Herz. Im Gegensatz zu den Hot Chip-Alben nutzt er weniger tiefe – Mark und Bein durchdringende – Sounds, sondern verhilft den Stücken durch Tastenmelodien, High-Head- und Snare Samples zu einem wunderbar eingängigen Groove.
Aus den 12 Stücken von ELECTRIC LINES sind einige Stücke besonders hervorzuheben. „Home“ ist ein wunderbar tanzbarer, grooviger Song, der aufgrund seiner souligen Bläser-Sequenzen, den leichten Beats, dem knackigen Schlagzeug und seinem perfekten Gesang danach verlangt, auf den Tanzflächen der Clubs rauf und runter gespielt zu werden. „Electric Lines“ kann in keiner Art und Weise verstecken, dass Goddard es mit Taylor zusammen aufgenommen hat. Es wirkt wie der kleinste, gemeinsame Nenner vieler bekannter Hot Chip-Stücke, die auch durch Taylors Gesang ein charmantes Alleinstellungsmerkmal erhalten. Das vorletzte Stück „Funk you up“ brilliert durch eine sehr minimalistisch gemixtes Setting, das – obschon schroff und ungehobelt – einen Groove entwickelt, der sich im Gehör verkanntet. „Lose Your Love“ ist mit seiner leichtfüßigen Weitläufigkeit durch Gitarrensamples und Keyboardmelodien ein besonderer Hörgenuss, vor allem in der full-length Version der Deluxe Edition .
ELECTRIC LINES ist sicherlich nicht nur eine Empfehlung für Hörer, die den Sound von Hot Chip mögen. Es stellt einen sehr ergänzenden Part zu den bisher bekannten Arbeiten dar und die Vorfreude auf eine Live Performance Goddards wächst mit jedem Durchlauf.
VÖ:21.04.2017, Domino/GoodToGo, http://www.joe-goddard.com/
Ohr d’Oeuvre: Home/ Electric Lines/ Funk you up/ Lose your Love
Gesamteindruck: 8,5 /10
Tracklist: Ordinary madness/ Lose Your Love/ Home/ LAsers/ Human Heart/ Children/ Truth is Light/ Nothing Moves/ Electric Lines/ Music ist the Anwser/ Funk you up/ Bumps/ Lose your Love (Full length version)
(kof)