Gisbert zu Knyphausen – Das Licht dieser Welt
Seit der Veröffentlichung des letzten Soloalbums HURRA! HURRA! SO NICHT im Jahr 2010 ist einiges im Leben des Freiherrn zu Knyphausen geschehen. Die kongeniale Zusammenarbeit mit Nils Koppruch wurde viel zu früh durch den Lauf des Lebens beendet. Auf diesen Einschnitt und daraus resultierender Leere folgte eine Phase, in der wenig bis gar nichts von dem Künstler an die Öffentlichkeit gelangte. Im Frühsommer kündigte er dann sein neues Album mit dem Titel DAS LICHT DIESER WELT an. Erste – vollständig abgemischte – Stücke konnte sich der interessierte Hörer schon auf dem Heimspiel zu Knyphausen zu Gemüte führen, woraus eine gewisse Vorfreude resultierte, die – das sei vorweggenommen – voll berechtigt war.
DAS LICHT DIESER WELT ist ein typisches Knyphausen-Album. Die Pause in den letzten Jahren, wie auch die Zusammenarbeit mit Koppruch haben auch dazu geführt, dass sich sein Songwriting weiterentwickelt hat. Zudem hat sich Gisbert zu Knyphausen eine neue Band zusammengestellt, die die Stücke lebhafter und agiler einspielt. Die Arrangements der Stücke sind trotz aller Melancholie und Nachdenklichkeit wesentlich dynamischer als auf den letzten Alben und die Instrumentierung ist facettenreicher. Aus den Texten auf DAS LICHT DIESER WELT strahlt trotz aller Tiefschläge, Umwege und Einschnitte, die einem Menschen wiederfahren können, eine unerschütterliche Zuversicht. Die Erlebnisse und Erfahrungen, die ein Mensch im Verlauf seines Lebens macht, tragen dazu bei, dass er zu dem wird, der er ist. Das wird im mit jedem Hören des Albums klarer und klarer. Daneben ist das Wehleidige aus seine Texten und zum Teil – der Ausdruck sei dem Schreibenden verziehen – das Nöhlige in seinem Gesang verschwunden. Neben der beschriebenen, musikalischen Entwicklung hat Knyphausen auch sein Repertoire um englische Stücke auf dem Album erweitert. Dieses wirkt im ersten Moment ungewohnt, funktioniert aber sehr gut und auch die Instrumentalstücke fügen sich in das Album ein.
Das Textfragment „jeder Tag ist ein Geschenk, er ist nur beschissen verpackt“ von Kid Kopphausen ist eigentlich als Quintessenz für das vorliegende Album zu verstehen. Nicht anders ist zu erklären, woher Knyphausen die Zuversicht und eine Form der Leichtigkeit für seine Texte nimmt. Treffender und prägnanter können diese Charakterzüge nicht beschrieben werden als im Song „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall“. Dieser ist sowohl musikalisch als auch textlich eine Hommage an den viel zu früh verstorbenen Nils Koppruch. Passender Weise wird seine Stimme noch zum Ende des Stücks in den Song eingemischt. Durch diesen Song wird dem Hörer bewusst, dass die Zusammenarbeit der beiden für Gisbert zu Knyphausen eine große Bedeutung gehabt haben muss. Es wirkt so, dass der Geist Nils Koppruchs an vielen Punkten in DAS LICHT DER WELT mit hineinspielt. Das spiegelt sich teilweise auch im Songwriting wieder und führt dazu, dass die Songs eingängiger, gefälliger und in sich runder wirken. Aus den 12 Songs umfassenden Album stechen noch zwei weitere Songs hervor. Zum einen ist es „Sonnige Grüße aus Khao Lak, Thailand“. Dieser Song beeindruckt durch den melancholischen Refrain, der seines gleichen sucht. Zum anderen bleibt „Teheran Smiles“ in Erinnerung, da es das erste englische Stück von ihm ist.
Das Album macht große Freude und es ist ein wunderschönes Herbstalbum, was – aufgrund der Texte – auch zum Nachdenken anregt. Daneben fügt sich die Melancholie trefflich in die dunkle Zeit des Herbsts ein. DAS LICHT DER WELT wird ein sehr angenehmer Begleiter in den kommenden Wochen bis zum ersten Licht im Frühjahr sein.
VÖ: 27.10.2017, PIAS – http://gisbertzuknyphausen.de
Ohr d’Oeuvre: Sonnige Grüße aus Khao Lak, Thailand/ Teheran Smiles/ Das Licht dieser Welt/ Etwas Besseres als den Tod finden wir überall
Gesamteindruck: 8,5/10
Tracklist: Niemand/ Sonnige Grüße aus Khao Lak, Thailand/ Unter dem hellblauen Himmel/ Dich zu lieben ist einfach/ Stadt Land Flucht/ Keine Zeit zu verlieren/ Kommen und Gehen/ Teheran Smiles / Das Licht dieser Welt/ Cigarettes & Citylights/ Etwas Besseres als den Tod finden wir überall/ Carla Bruno
(kof)
Rude Pride – Take it as it comes
Aus Spanien kommt diesen Monat der vielleicht interessanteste Beitrag zum Thema Streetpunk mit Rude Prides TAKE IT AS IT COMES.
Der glücklichste Moment im Leben meines Bekannten, ist mit eine paar Promille auf dem Zeiger die Musik aufzudrehen und laut und innig Cock Sparrer, The Business oder UK Subs abzufeiern. Rude Pride aus Spanien geben mit ihrem Namen schon die Richtung vor und dürften meinem Bekannten ohne Zweifel empfohlen werden. Straighter Streetpunk, der zwar fast gänzlich auf die obligatorische Ska – und Reggeaelemente verzichtet, aber stets nach vorne geht und meist einen hohen Mitsingcharakter aufweist. Entweder bewegen sich die Songs schön im Midtempobereich mit meist einprägsamen Melodiegitarren („Disorder“) und Mitsingrefrains wie in „Bars and Shackles“ und „Broken Silence“ der das Tempo wird angezogen wie in „Keep on walking“ oder „One more Pint“, wobei hier immer die Gefahr gegeben ist, das Rude Pride etwas klischeehaft nach engagierter Punkrockband mit fett gedruckten Überschriftzeilen wirken wie in „Once Again“. Trotzdem wird im Großteil von TAKE IT AS IT COMS die Melodie und das durchdachte Songwriting dem stumpfen Rausgeballer vorgezogen, wie in „Our Pack“, was mit Orgel und Libertineshafter Gitarre überzeugt. Sowieso wird der klassische Punksound an einigen Stellen dann doch verlassen, sei es durch ein Barpiano oder wie im Abschlusssong „Many People Suffer“ durch den obligatorische SKA – Orgelsound.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung in Spanien, ist es eigentlich fast logisch, dass der klassische Punksound dort seine Freunde findet. Rude Pride legen mit TAKE IT AS COMES auf jeden Fall ein gutes und ehrliches Stück Streetpunk auf.
VÖ: 13.Oktober 2017, Contra/ Edel, https://rudepridemadrid.blogspot.de/
Ohr d’Oeuvre: Our Pack/ One more Pint/ Broken Silence
Gesamteindruck: 6,5/10
Tracklist: Take it as it comes/ Bars and Shackles/ Keep on Walking/ Broken Silence/ Too Fast (Back with a Crash)/ Once Again/ Our Pack/ My Generation/ Bullying/ One more Pint/ Disorder/ Many People Suffer
(pd)