Kreisky – Blitz
Sie haben es tatsächlich schon wieder getan. Die Wiener Band Kreisky, benannt nach dem ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky, hat schon wieder eine sehr gute Platte herausgebracht. Vier Jahre ist die Veröffentlichung ihres letzten Albums BLICK AUF DIE ALPEN inzwischen schon wieder her.
In der Zwischenzeit war man aber alles andere als untätig. Mit der Schriftstellerin Sibylle Berg kollaborierte die Band für die umjubelte Theaterarbeit „Viel gut essen“. Die Aufnahmen zu BLITZ fanden bereits im Sommer 2016 statt. Während man bei BLICK AUF DIE ALPEN lange im Studio der Wiener Symphoniker über den Songs herum brütete, ist BLITZ deutlich schneller in Matthias Kastners Kellerstudio im Wiener Speckgürtel entstanden. So weit die Fakten aus dem Pressetext.
Musikalisch nah ist die neue Platte am ehesten dem Indiepop der Band DIE TÜREN. Genau wie die Staatsakt-Veteranen spielen sie eine zackige und tanzbare Variante. Das ist aber nicht die einzige Gemeinsamkeit. Ebenfalls werden, genau wie bei den Berlinern, gesellschaftliche und private Themen auf eine ironische und humorvolle Weise verhandelt, wie es in der deutschsprachigen Musik selten vorkommt. Darüber, ob dahinter ein abgrundtiefer Pessimismus, angesichts eines täglich voranschreitenden Werteverfalls steht, oder sie nur ein wenig herumgranteln wollen, muss sich jeder selbst ein Urteil bilden. Wenn sie in „Ein braves Pferd“ klagen: „Ich habe Dich immer gern gemocht – und jetzt willst Du mich verkaufen – was bist du denn für ein Arschloch“, muss man zwangsläufig an den düsteren Humor von Josef Hader, Christoph Grissemann und Dirk Stermann denken. Nicht die schlechtesten Companions.
VÖ: 16. März 2018, Wohnzimmer Records (Rough Trade), http://www.kreisky.net
Ohr D’Ouevre: Ein braves Pferd/ Ein Depp des 20. Jahrhunderts/ Mon Général
Gesamteindruck: 8/10
Tracklist: Bauch Bein Po/ Veteranen der vertanen Chance/ Ein braves Pferd/ Ein Depp des 20. Jahrhunderts/ Ich löse mich auf/ Saalbach-Hinterglemm/ Mon Général/ Autokauf ist Männersache/ Oh nein, die verlieben sich/ Sudoku
Demob Happy – Holy Doom
Ach, zwei Herzen schlagen in meiner Brust! Das müssen sich die Engländer von Demob Happy gesagt haben, als sie ihr zweites Album HOLY DOOM eingespielt haben.
Die Platte wechselt zwischen düsteren Innenansichten aus der Welt von Sänger Matthew, der mit Depressionen zu kämpfen hatte und hellen Parts, in denen sich die Band aus Brighton selber zu versichern scheint, sich nicht von der Dunkelheit in den Abgrund ziehen lassen zu wollen. Auch musikalisch wird dieses Ying – Yang, diese zwei Seiten der gleichen Medaille, eindrucksvoll vertont. So pendeln Demob Happy zwischen dem Stonersound von Bands wie Queens of the Stone Age oder Black Rebel Motorcycle Club und einem eher melodiösen, verträumten, 60ties Popsound hin und her. Eben Licht und Schatten, meist kombiniert in einem Song. So vereinen viele Songs in den ersten 2/3 von HOLY DOOM markante, alles niederwalzende Basslinien und mehrstimmige, fast hippieske Refrainparts. „Fake Satan“ ist ein gutes Beispiel. Die markanten und dominanten Basslinien, die das Stück stakkatohaft und furztrocken ohne jeden Anflug von Humor vorwärtstreiben, werden plötzlich aufgelöst in einem Kinks-haften mehrstimmigen Gesang, zu dem man sich am liebsten eine Blume ins Haar packen will. „Runnin Around“ dagegen ist ein astreiner 70ties Hippierocker mit leichtem Glam- und Psychedelicfaktor. Ähnlich funktioniert das Titelstück “Holy Doom“, ein verschwommener, schöner Gesang trifft auf ein klassisches Gitarren- und Orgelthema und stellt einen der Höhepunkte von HOLY DOOM dar. Die Platte wurde in völliger Isolation in Wales aufgenommen, wobei sich die Band bereits vorher emotionale und musikalische Marker für die einzelnen Songs setzte und somit einem strikten Plan folgte. Von diesem scheint man sich im letzten Drittel allerdings etwas zu emanzipieren, was den Songs merklich gut tut, kommen sie doch organischer, weniger konzipiert daher. Auch emanzipieren sich Demob Happy vom schweren, stonerlastigen Sound, der alle niederwalzt. Im vorletzten Song „Spinning out“, trifft ein wild prügelndes Schlagzeug, dass wie befreit aufschlägt, auf eine ausufernde Feedbackgitarre, die jegliche Schwere hinter sich lässt. Insgesamt ein solides Stoner-/Hardrockalbum mit starken 60ties/ 70ties-Einflüssen, was im derzeitigen Psychedelicrevival Hörer finden wird. Demob Happy haben vielleicht noch nicht ganz die Bandbreite wie ihre britischen Kollegen von Wolf People, aber legen einen teilweise, positiv überraschenden Mash Up aus den genannten Stilen vor, der gerade gegen Ende der Platte an Eigenständigkeit und Geschlossenheit gewinnt. Live sind sie auf Tour mit Frank Carter zu sehen.
VÖ: 29.März 2018, SO Recordings/Rough Trade, http://demob-happy.com/
Ohr d’Oeuvre: Fake Satan/ SpinningOut/ Holy Doom
Gesamteindruck: 6,5/10
Tracklist: Liar in your head/ Be your man/ Loosen it/ Fake Satan/ Runnin’ Around/ I wann leave (Alive)/ Maker of Mine/ HolyDoom/ Spinning Out/ God I’ve Seen/Fresh Outta Luck