Von elektrischen Eulen, schnurrenden Kätzchen und wilden Tigern
Bishop Allen beehrten die Hauptstadt am 19.04. im schummrigen Live@dot und zähmten Berliner Großstadtraubkatzen zu sanften Kätzchen.
Gehört man nicht zur Super-Hip-In-Crowd pirscht man sich zunächst vorsichtig zum Live@dot ran, nimmt die rote Tür wahr und hofft, hier auch wirklich richtig zu stehen. Besonders auf sich aufmerksam muss sich im Kreuzberger Szeneviertel anscheinend nicht gemacht werden, denn auch das Interieur setzt eher auf schummrige Gemütlichkeit als auf laute Coolness. Als hipper Berliner erscheint man zudem nicht pünktlich zum Einlass, sondern gern später. Auch die sympathischen Band aus Brooklyn nimmt man so ohne Weiteres nicht sofort wahr, wenn sie durch die Vordertür reinschleicht und auch in Sachen Pünktlichkeit passt sie sich an Berliner Verhältnisse an, so dass das Konzert mit mindestens anderthalb Stunden Verspätung anfängt. Man verzeiht es ihnen.
Das Vorprogramm bestreitet Andy Herod mit Gitarre und Laptop als Electric Owls. Vorsichtig trauen sich dabei nach und nach einige Konzertbesucher im gefühlt vielleicht halb gefüllten Club vor die Bühne, klatschen zunächst höflich, dann aber doch auch immer enthusiastischer, denn die folkig angehauchte Indiemusik lädt unweigerlich dazu ein. Durch die minimalistische Instrumentierung fällt vor allem die warme und volle Klangfarbe der Stimme Andys’ auf und seine zuweilen traurigen Texte. Ein wirklich gelungener Support.
Kurz darauf kommt dann die Hauptband. Ohne großes Tamtam, fast unvermittelt, plötzlich stehen sie da vor einem und der Platz vor der Bühne füllt sich schnell. Bevor noch die ersten Töne erklingen, ist besonders Frau erst einmal von der liebenswürdigen Ausstrahlung und beinahe Niedlichkeit dieser Band angetan. Da versteht man schon das gewählte Cover für die neue Platte „Grrr…“, auf dem das „G“ durch Schnurrbarthaare und Kulleraugen verschönert wird, die drei Pünktchen wie ein Schwänzchen erscheinen und das „Grrr…“ wie ein gemütliches Schnurren klingt .
Wie tapsige Katzenbabys stehen sie da auf der Bühne und lassen einen vor Entzückung seufzen. Das reißt auch mit dem Erklingen der ersten Töne nicht ab, wenn Sänger Justin Rice wie ein junger Kater zu den Klängen seiner Musik über die Bühne springt und „The Ancient Commonsense Of Things“ anstimmt. Als Zuschauer weiß man dabei gar nicht, wo man eigentlich zuerst hinschauen soll.
Auf den vor Energie scheinbar überschäumenden Justin Rice, die zum Hinknien bezaubernde Percussionistin/Glockenspielerein/ Sängerin Darby Nowatka oder den beinahe an Harry Potter erinnernden, nicht weniger einnehmenden Gitarristen Chris Rudder. Herz und Ohr gehen einem auf bei der präsentierten Wärme, Freude und wunderschön zarten Indiemusik. Das Lächeln mag einem gar nicht mehr aus dem Gesicht verschwinden, ist man doch im Kampf im Großstadtdschungel so viel Herzenswärme gar nicht mehr gewohnt. Höhepunkt des Ganz
en wird erreicht, wenn Darby das Mikrofon übernimmt und fast schüchtern erst mit „Butterfly Nets“ einen der wohl schönsten Bishop Allen Songs anstimmt und dann überleitet in „True Or False“ einen der Highlights der neuen Platte. Mit ihrem zurückhaltendem süßen Charme und der glockenhellen Stimme sorgt sie dafür, dass sich bestimmt 110% der Männer im Publikum plus ein, zwei Frauen in sie verlieben. Justin überrascht zwischen den Songs immer wieder mit fast perfektem Deutsch, dass über die Standardfloskeln wie „Danke“ oder „Geht’s euch gut?“ weit hinausgeht. So erfährt man, dass die Band am Tag in einem Wald spazieren ging, in dem es augenscheinlich recht grün war. Die Band war begeistert.
Begeistert sind die Zuschauer weiterhin von der Band und feiert sowohl bekannte Songs wie „Click Click Click“ oder „Dimmer“ genau so wie „Like Castanets“ oder „Oklahoma“ und darf sich am Einsatz so lustiger Instrumente wie einer Triola oder eines Xylophons erfreuen. Die Band versteht es eben live die Songs mit immer wieder lustigen Gimmicks zu untermalen und damit den verspielten, herzlichen Eindruck noch unterstreichen. Kollektives Kopfwippen, Summen und Glücklich sein steht auf dem Programm, so dass man ein wenig enttäuscht ist, dass der Zauber nach einer Stunde leider schon wieder vorbei ist. Gern hätte man den Kätzchen weiter beim Spielen zugesehen. So muss man dann doch wieder raus in den Dschungel zu den wilden Tigern. GRRR!!!