Zurück in ihrem „Wohnzimmer“
Die Kilians bezaubern nach der Zwangspause, wegen der anhaltenden Stimmprobleme ihres Sängers, die Zuschauer im Berliner Postbahnhof und untermauern ihren Ruf als wunderbare Live-Band.
Als die Vorgruppe Miyagi die Bühne betritt und loslegt ist es bereits schon weit nach 21 Uhr. Miyagi sind fünf Jungs aus Münster, deren Musik man wohl irgendwo zwischen Indie und Disco einordnen kann. Ihre Hardcore und Punk-Wurzeln verleugnen die Jungs zwar auch nicht, sind live jedoch überraschend mitreißend und tanzbar. Sänger Stefan wechselt immer wieder an ein zweites Schlagzeug und produziert so einen derart dichten Sound, dass man gar nicht anders kann als mitzuwippen und sich ganz der Musik hinzugeben. Auch die längeren Instrumentalparts, die man so auf ihren CDs nicht findet, funktionieren mehr als gut, denn sie sind druckvoll und abwechslungsreich. Miyagi wissen was sie hier tun, schließlich haben sie als reine Instrumentalband angefangen, bevor der jetzige Schlagzeuger Daniel zur Band stieß und Stefan an das Mirko wechselte.
Letzterer kann an diesem Abend kaum stillstehen, er tanzt und hüpft auf der Bühne und springt gleich mehrmals ins Publikum. Es macht richtig Spaß ihm zuzuschauen. Als die Band nach elf Songs die Bühne verlässt, erntet sie demnach den verdienten Applaus.
Dann geht das Licht im Fritzclub aus und die Kilians kommen ganz still und ohne großes Intro auf die Bühne und beginnen ihr Set mit „The Lights Went Off“ aus ihrem aktuellen Album.
Die fünf Jungs aus Dinslaken, die schon 2005 ihre erste EP zusammen aufgenommen haben, gelten momentan als größte Hoffnung im Indierock-Bereich in Deutschland. Im April haben sie ihr zweites Album „They Are Calling Your Name“ rausgebracht, auf dem sie ihr Songwriting im Vergleich zum Vorgänger noch weiter verfeinern konnten. Alle sind Anfang zwanzig, aber auf der Bühne merkt man ihnen ihr junges Alter in keinster Weise an. Durch die Routine der vielen Tourneen, die sie bereits hinter sich haben, wirken sie viel älter und abgebrühter als man meinen könnte. Die Songs werden druckvoll und auf den Punkt genau vorgetragen und man sieht ihnen ihre Spielfreude nach der Zwangspause förmlich an. Neben den neuen Songs dürfen natürlich auch die Hits wie „Fight The Start“ und „Sunday“ nicht fehlen.
Sänger Simon ist der geborene Entertainer und unterhält das Publikum zwischen den Songs bestens. So erzählt er munter und immer mit einem Schuss Ironie, was er von neuen Medien wie Facebook oder Twitter hält und gibt seinem Unmut Ausdruck als zwei Teenies auf die Bühne springen. Außerdem bedankt er sich immer wieder beim größtenteils weiblichen Berliner Publikum, das die alten wie auch die neuen Songs gleichermaßen feiert.
Bei der aktuellen Single „Said & Done“ bittet die Band das Publikum keine Bilder und Videos zu machen und sich ganz auf die Musik zu konzentrieren. Der Song, der live mit viel Gefühl vorgetragen noch besser klingt als auf der Cd, hat es in jedem Fall verdient.
Ich wünschte das hier wäre mein Wohnzimmer erklärt Simon schließlich, denn die Jungs spielen heute zum wiederholten Mal im Postbahnhof und scheinen sich mehr als wohl zu fühlen. Ihre Freude hier auftreten zu können schlägt sich auch in der Setlist wieder und so spielen sie an diesem Abend mehr Songs als geplant.
Dass die Kilians live gerne Popsongs covern, dürfte mittlerweile bekannt sein und zur Zugabe geben sie dann auch „Patience“ von Take That zum Besten. Danach folgt mit „Dizzy“ einer der besten Songs aus ihrem Debütalbum, bevor mit „Used to Pretend“ das endgültig letzte Lied für heute angestimmt wird.
Ihren Ruf eine gute Live-Band zu sein, können sie an diesem Abend jedenfalls mehr als unterstreichen.