Nach wie vor zählt Brendan Benson zu den stark unterschätzten Musikern unserer Zeit und auch sein Mitwirken bei den hervorragenden Raconteurs brachte ihm nicht unbedingt mehr Zuschauerzuwachs, sondern ließ den Schatten eines Jack White sehr groß werden. Trotzdem füllten am letzten Donnerstag Musikenthusiasten das Berliner Magnet und konnten feststellen, was für wunderbare Songperlen der Herr Benson so auf Lager hat.
Gegen halb neun ist das Magnet erst mäßig gefüllt. An den Seiten stehen die Gäste erwartungsvoll mit ihrem Bier oder Softdrink und beäugen die Szenerie. Kurz vor neun drängt es sich dann schon etwas mehr vor der Bühne. Pünktlich betritt selbige dann auch Cory Chisel zusammen mit seiner Keyboarderin Adriel Harris. Mit ihren folkigen, country-angehauchten kleinen Geschichten verzaubern die Wandering Sons die Berliner und besonders Cory zieht mit seinem unglaublichen Charisma und der rauchigen Stimme alle sofort in seinen Bann. Die sparsame Instrumentierung aus Akustikgitarre und Keyboard entfaltet eine sehr beruhigende Atmosphäre mit diesem Spritzer Melancholie. Höhepunkt ist dabei das Duett „See It My Way“ nur begleitet von Corys Gitarre. So er- und aufgewärmt warten die Zuschauer gespannt auf den Hauptakteur des Abends.
Ganz allein kommt Brendan Benson dann auf die Bühne, blickt schüchtern lächelnd ins Publikum und startet das Set mit einer Akustikversion von „A Whole Lot Better“ aus seinem aktuellen Album „My Old Familiar Friend“. Gleich danach kommt auch der Rest der Band auf die Bühne und spielt die aktuelle Single „Don’t Wanna Talk“, bei dem die Lalalas des Refrains von einigen Zuschauern fröhlich mitgesungen werden. Gott sei Dank erlebt das Publikum an diesem Abend kein Metalkonzert, denn die Lautstärke ist wie üblich im Magnet recht beachtlich und doch sind die Instrumente soundtechnisch gut abgestimmt, so dass der Sound weitesgehend klar ist.
Ohne Umschweife und viel Gerede leitet die Band über ins wunderbare „Folk Singer“. An diesem Abend steht doch die Musik im Vordergrund. Auf Publikumsinteraktion verzichtet Brendan fast ganz. Bis auf kurze „Thank You“-Ansagen bleibt es zwischen den Songs still. Brendan präsentiert sich als schüchterner Frontmann und solo wirklich anders als in seiner anderen Band „The Raconteurs“, bei der er live schon mal richtig Gas gibt. Der Funke mag deshalb nicht bei jedem sofort überspringen. Dafür erlebt das Publikum einen Querschnitt durch das Werk des Nashvillers. Dass das beachtlich ist, wird eindrucksvoll demonstriert. Ob nun „Good To Me“, „Alternative To Love“, „Poised And Ready“, „Cold Hands (Warm Heart)“ oder „Spit It Out“, den Fans wird an diesem Abend bewiesen, was für unglaubliche Songs im Werk von und Songschreiberqualitäten im Herrn Benson stecken. Zudem kann die hervorragende Band durch Souveränität und Fertigkeit glänzen, so dass die Songs nicht einfach nur runtergespielt werden, sondern immer auch mit kleinen Überraschungen wie tollen Pianoparts, kleineren Gitarrensolis oder abgewandelten Songversionen gespickt werden. So hört man das wunderbare „Metarie“ nicht in der Album-, sondern Videoversion, mit dem interessanten Break zum Ende. Nach und nach taut das Publikum auf und auch Brendan wirkt insbesondere zum Ende hin deutlich entspannter. Als dann „Tiny Spark“ als letztes Lied vom regulären Set gespielt ist, will das Publikum noch lange nicht nach Hause. Und auch die Band scheint jetzt erst richtig warm zu werden, denn was jetzt folgt, ist die längste Zugabe, der die Autorin jemals beiwohnen durfte. Sage und schreibe auf sieben weitere Songs darf sich das Publikum freuen. Nochmals werden große Lieder rausgeholt und auch nicht vor etwas Düsternis zurückgeschreckt, denn beinahe psychodelisch-wabernd kommt „Feel Like Taking You Home“ live daher. Final wird es dann aber wieder beinahe familiär-gemütlich als die Band das Tom Petty-Cover „American Girl“ anstimmt und Brendan dazu lässig mit Zigarette im Mund Cory nochmals auf die Bühne bittet. So stellt man sich die musikalischen Abende im Hause Benson zu Hause in Nashville vor. Mit einem riesen Applaus werden Brendon Benson und seine Mannen dann von der Bühne entlassen.
Fazit: Verstecken hinter irgendeinem Schatten braucht sich dieser Mann auf gar keinen Fall. Dazu sind er und seine Songs zu gut!