Im neuen Magnet-Club in Berlin kehrte am Mittwochabend schottische Melancholie ein und zauberte den Zuschauern dennoch ein Lächeln auf die Lippen.
Pünktlich um zehn kommen die fünf Jungs von Frightened Rabbit auf die kleine Bühne und legen sofort ohne große Einführung mit „Skip The Youth“ los. Sehr druckvoll entfaltet sich der Song und stimmt die Menge auf den wunderschönen Sound von Frightened Rabbit zwischen harmonischen Gesängen, manchmal sphärischen Klängen, treibenden Rhythmen und diesem Schuss schottischer Traurigkeit ein. Das verleitet die Zuschauer dazu mit dem Fuß oder Kopf mitzuwippen und irgendwie gleichzeitig ergriffen zu wirken. Das geht munter so weiter, als Sänger Scott Hutchinson „The Modern Leaper“ anstimmt. Einzelne begeisterte Juchzer und mitsingende Fans sind zu vernehmen und das Publikum kommt so langsam richtig auf Temperatur. Da wird jeder Song enthusiastisch beklatscht und zunehmend gefeiert. Frightened Rabbit spielen dabei eine schöne Mischung aus neuen Songs ihres Albums THE WINTER OF MIXED DRINKS und älterem Material. Besonders mit ihrem zweiten Album THE MIDNIGHT ORGAN FIGHT konnten sie nicht nur in Amerika und durch ihre Verwendung in Erfolgsserien wie Grey’s Anatomy größere Erfolge feiern. Deshalb werden die Songs dieses Langspielers auch in Berlin laut bejubelt – so auch „Old Old Fashioned“, ein kleiner hüpfender Song, der geradezu zum Mitschwingen einlädt.
Die Band konzentriert sich während des Konzerts mehr auf ihr Spiel als auf Kommunikation zwischen den Songs. Prägnante Ansagen wie „Hallo“ und „Danke“ oder kurze Informationen, dass sie morgen einen „Day off“ in Berlin hätten und wohl nach dem Konzert Alkohol trinkend auf den Straßen Berlins wandeln werden, bleiben die einzigen Worte aus Scotts Mund. Mehr braucht die Menge auch nicht, denn Frightened Rabbit verzaubern ganz allein durch ihre Songs. Bei „Swim Until You Can’t See The Land“ sieht man dann lauter lächelnde Gesichter um einen herum. Bei „Nothing Like You“ wird dann nochmal ordentlich getanzt, bevor uns die schottischen Hasen dann mit „Good Arms Vs. Bad Arms“, unterlegt mit Banjo, prägnantem Schlagzeug von Grant Hutchinson und wunderschönem Harmoniegesang, in die Zugabe-Rufe entlässt. Lange lässt sich Scott nicht bitten. Allein und nur mit Akustikgitarre kommt er auf die Bühne und stimmt das geniale „Poke“ an. Die Zuschauer jubeln laut und der eine oder andere unterstützt Scott, der zunächst am liebsten den Song ohne Mikro vortragen will, jedoch an der Akustik scheitert, gesanglich vor allem bei den Oooooohs im Mittelteil. Das Ganze ist so schön, dass man nicht anders kann, als gerührt zu sein von diesem kleinen fast intimen Moment. Danach kommt dann auch der Rest der Band auf die Bühne und gibt bei den drei letzten Songs noch mal alles. Ganz zum Ende dann das Lied, das eigentlich in keiner Frightened Rabbit-Setlist fehlen darf – „Keep Yourself Warm“. Kein anderer Song verbreitet wohl so treffend die Kater-Stimmung nach einer durchzechten Nacht, nach der Mann oder Frau aufwacht und sich irgendwie doch ziemlich leer fühlt. „It takes more than fucking someone to keep yourself warm“. Wahre Worte einer Band, die man gerne viel öfter zu Besuch in Berlin hätte. Das Publikum jedenfalls ist von innen gewärmt und wird mit Sicherheit am nächsten Morgen nicht mit diesem leeren Gefühl aufgewacht sein, sondern ein Lächeln bei dem Gedanken an die letzte Nacht auf den Lippen gehabt haben.
Fotos vom Konzert, Fotografin: Julia Fritsche
„It takes more than fucking someone you don’t know to keep yourself warm.“
…nur um das Lied mal richtig zu zitieren, macht ja schon einen kleinen Unterschied, ge 😉
Sonst kann ich mich da nur anschließen, tolles Konzert, mit der für mich derzeit wichtigsten existierenden Band. Ich bin auch leider seit diesem Abend immernoch nicht fähig überhaupt andere Musik zu hören. Bei „Poke“ hätte ich auch fast angefangen zu heulen.
Das Einzige was mich ein bißchen an diesem Abend gestört hat, waren ein paar blonde Mädchen in der ersten Reihe. Die eine vor mir schwang die Hüften wie zu schlechtem deutschen Schlager, die andere tanzte die ganze Zeit direkt vor Scott mit orgasmusähnlichen (ja ich weiß, scheiß Vergleich, aber so sah das nunmal aus!) Tanzbewegungen und Gesichtsausdrücken die Boxen an. Aber naja, soll ja jede/r machen was er will.
Zur Zugabe bin ich dann aber lieber nach hinten, weil ich mich besonders zu „Keep yourself warm“ nicht ablenken lassen wollte…
Vielen Dank für dein Feedback und schön, dass dir das Konzert genau so gut gefallen hat bis auf eben die unliebsamen Zuschauer vor dir. Und wir beide zitieren verschiedenen Stellen des Songs, denn Scott singt sowohl deine Variante als auch unsere zitierte (hab eben extra nochmal gehört, weil ich kurz verunsichert war). Aber trotzdem freut es mich, dass wir so aufmerksame und engagierte Leser haben. Also vielen Dank nochmals.
🙂 Ja gut, ist mir auch heute aufgefallen, „meine“ Textzeile ist nur etwas aussagekräftiger wie ich finde…aber das ist ja auch völlig wurscht.
Viel wichtiger ist ja: Danke für den Bericht und vor allem für die Fotos!