Fast tiefenentspannt geht es an diesem Pfingstmontag im Einlassbereich des Kesselhauses in der Kulturbrauerei zu. Kurz nach acht öffnen sich die Türen. Der Kartenabreißer muss die Zuschauer förmlich anflehen, zu ihm zu kommen. Einzig und allein die Abendkasse ist gut gefüllt. Der Broken Social Scene-Hörer ist also ähnlich entspannt wie der sonnig rockige Sound der Supergroup, die ja irgendwie keine sein will.
Glücklicherweise füllt sich das triste Kesselhaus dann doch und es kann losgehen. Einen gelungenen Einstieg bieten die Berliner um I Might Be Wrong, die vor allem durch ihren sphärischen Sound überzeugen können. Dann gegen 22 Uhr betreten Broken Social Scene die Bühne. Gründungsmitglied Kevin Drew – extrafein mit Wollmütze und abgewetztem Shirt – zeigt sich sichtlich überrascht, dass so viele gekommen sind. Überwältigt von dem Empfang widmet er die Show dem Berliner Publikum. Mit „Worldsick“ eröffnen die Kanadier ihr fast zweistündiges Set, auf dem sie einen großen Einblick in ihr jüngst veröffentlichtes Werk FORGIVENESS ROCK RECORD geben. Beeindruckend ist der durch vier Gitarren getragene Sound, der einem wuchtig entgegenschlägt. Mit „7/4 Shoreline“ folgt zügig der Hit des 2005 Albums BROKEN SOCIAL SCENE. Lisa Lobsinger – barfuß und mit toupiertem Haar – übernimmt Leslie Feists Gesangspart und hat ihre Mühe gegen den gewaltigen Gitarrensound anzukommen. Nichtsdestotrotz ist der Song ein erstes Highlight des Abends. Das nächste folgte sogleich als Kevin Drew ein Jim Morrison-Shirt im Publikum entdeckt. Brendan Canning – zweites Gründungsmitglied – berichtigt ihn sofort. Nicht Morrison sondern Mr. Nick Drake prangt auf dem Shirt eines Fans in der ersten Reihe. Das bringt Arne – so sein Name – sogleich eine Einladung auf die Bühne ein. Er darf während „Forced To Love“ den Text für Drew halten und gemeinsam mit ihm tanzen. „Cause we’re forced to love“ singt Drew Arne euphorisch an und schmeißt sich dabei immer auf die Knie. Sowieso scheint Drew – wie auch Canning – der geborene Entertainer zu sein, bringt er doch das Publikum mit seinen lockeren Ansagen immer wieder zum Schmunzeln. Bei dem groovigen „All To All“ erobert Lobsinger, die den ganzen Abend mehr oder weniger über die Bühne schwirrt und mal hier und da ein paar Tasten auf dem Keyboard drückt oder sich an der Melodika bedient, das Gesangsmikrofon. Canning, der sicher amtierender Weltmeister im Hüpfen und Rockposen-Schmeißen ist, weiß bei „Water In Hell“ zu überzeugen. Das dynamische „It’s All Gonna Break“ schließt das Haupt-Set des Abends ab. Eine kurze Verschnaufpause gönnen sich die Kanadier, bevor sie für zwei Zugaben noch einmal zurückkommen. „Superconnected“, das eher akustisch gehalten ist, und das instrumentale Stück „Meet Me In The Basement“ liefern einen gelungenen Abschluss. Ob nun zu fünft, siebt oder teilweise zehnt (inklusive Soundmann) auf der Bühne, ob nun mit oder ohne Bläser und auch ganz egal, wer gerad welches Instrument spielt (denn an diesem Abend wechselt jedes Mitglied lustig zwischen den Instrumenten hin und her) – Broken Social Scene schaffen es trotz jeder Menge unterschiedlicher Persönlichkeiten eine angenehme Harmonie und Intimität zu übermitteln, die ein Konzert der Band zu etwas ganz Besonderem macht.