„Man geht nicht bloß ins Kino, um sich Filme anzusehen. Man geht vielmehr ins Kino, um mit zweihundert Menschen zu lachen und zu weinen.”
Das Zitat des Prognostikers John Naisbitt hat mehr mit dem Get Well Soon Konzert in Berlin zu tun, als man zunächst vermuten würde.
Denn heute Abend liegt nicht bloß ein Konzert vor uns, das Get Well Soon erstmalig zusammen mit dem Orchester des Grand Ensembles spielen wird. Nein, vielmehr gehen wir heute auch ins Kino. Und wir werden einen sehr berührenden Film sehen und mit sicher mehr als zweihundert Menschen weinen.
Dass Konstantin Gropper eine Affinität zum Film hat, bewiesen nicht zuletzt seine Beiträge zu einigen Soundtracks. Aber bei seiner aktuellen Tour geht er noch einen Schritt weiter.
Hier laufen auf einer Großleinwand zu jedem Lied Clips im Hintergrund, ein eigener „Vexations“-Film.
Zu Beginn befinden wir uns im Wald. Erst einmal ist da Vogelgezwitscher, das uns schon vor Beginn der Show in der Volksbühne begrüßt. Dann sehen wir ein junges Mädchen, das wir auch auf Get Well Soons aktuellen Album zu Anfang hören, im Wald. Kurz darauf betritt Konstantin Gropper samt seiner fünfköpfigen Band und dem Grand Ensemble die Bühne, um mit „Senecas Silence“ loszulegen.
Get Well Soons Songs wirken zusammen mit Orchester live natürlich noch opulenter, was ihnen aber gut zu Gesicht steht. Auch der Sound in der Volksbühne ist heute Abend glasklar.
Zusammen mit den Clips im Hintergrund, die die Musik atmosphärisch unterstützen, sich mit einem Augenzwinkern von ihr entfernen, einen aber auch an manchen Stellen etwas ratlos hinterlassen und bei „We Are Ghosts“ sogar interaktiv mitwirken, erleben wir heute einen Abend an dem wirklich alles stimmt.
Wir sehen karge Waldlandschaften, Unterwasseransichten, Astronauten, Kuckucksuhren und bei „Werner Herzog Gets Shot“ einen alten Fernseher, der das Interview, auf das Konstantin hier anspielt und in dem der Regisseur angeschossen wird, läuft. Außerdem taucht als roter Faden immer wieder das kleine Mädchen auf.
Musikalisch leben Get Well Soons Songs auch Live vor allem von dem Spannungsbogen zwischen den leisen, melancholischen und den opulenten, lauteren, ja rockigen Tönen, die die anwesenden Musiker beeindruckend umsetzen.
Emotionaler Höhepunkt ist neben dem wundervollen „A Voice In The Louvre“ sicherlich „Tick Tack! Goes My Automatic Heart“, bei dem die Band zum Ende hin alle Instrumente weglässt um gemeinsam mit dem Publikum „And to the beat of my automatic heart you sing a song of live“ zu singen.
Obwohl die meisten Songs von „Vexations“ gespielt werden, finden auch „Klassiker“ wie „People Magazine Front Cover“ oder „If This Hat Is Missing I Have Gone Hunting“ ihren Weg in die Setlist.
Mit „Roman Empire“ ist dann das Ende des Vexations-Films erreicht. Auf der Leinwand folgt der Abspann. Der Film ist zu Ende, das Konzert geht jedoch weiter, denn Band und Orchester erscheinen noch einmal für drei Songs zur Zugabe.
Unter frenetischem Applaus verlassen Get Well Soon nach „I Sold My Hands For Food So Please Feed Me“ nun zum zweiten Mal die Bühne. Ans Gehen denkt hier aber noch niemand. Das Publikum bleibt an Ort und Stelle und jubelt solange, bis sie doch noch einmal für ein Lied rauskommen. Mit „Lost in The Mountains“ endet schließlich ein opulenter, musikalisch hochwertiger und durchgehend berührender Abend, an dem der Spagat zwischen Popmusik, Klassik und Kunst absolut gelungen ist.
Setlist:
Senecas Silence
People Magazine
We Are Free
5 Steps/ 7 Swords
Voice In The Louvre
Listen!
Werner Herzog
That Love
Hat’s Missing
We Are Ghosts
Burial At Sea
Tick!Tack!
Angry Young Man
Roman Empire
Forest Fires
Christmas
Sold My Hands
Lost In The Mountains
Weitere Bilder zum Konzert; Fotografin Roxi K.