Warum nicht mal zwischen den steinernen Gemäuern der St.Pauli Kirche, in einer Haspafiliale neben Geldautomaten, oder während einer kleinen Spritztour an Deck der Barkasse „Hedi“ zahlreiche Liveauftritte bewundern? Das REEPERBAHN FESTIVAL 2010 ließ sich vor allem durch ein Wort treffend beschreiben: Einzigartigkeit.
Vom 23. bis zum 25. September verwandeln rund 200 Bands und Solokünstler, soviel wie noch nie seit der Premiere des Festivals 2005, den Kiez in eine einzige riesige Party. Etliche Musikliebhaber lassen sich nicht lange bitten und mit 17.000 verkauften Tickets knüpft man sogar an den Besucherrekord des vergangenen Jahres an.
Die Atmosphäre hätte während der drei Tage kaum besser sein können und obwohl sich ab Freitag mit dem einsetzenden Regen noch ein weiteres Stück Hamburger Spätsommerkultur zeigt, findet die Stimmung dadurch keinen Abbruch. Stattdessen wird mit den überdachten Locations vielmehr der Vorteil eines Clubfestivals ausgespielt.
In jenen Clubs wird die tanzfreudige Zuschauermenge von den Künstlern auf der Bühne stets auf Betriebstemperatur eingeheizt. Die sympathische Truppe „FM Belfast“ aus Island, ist während ihres Auftrittes von der hervorragenden Stimmung sichtlich gerührt und zeigt sich stolz, vor so einem fantastischen Publikum spielen zu dürfen.
Der musikalischen Vielfalt wird während der drei Tage keine Grenzen gesetzt: Von Hip-Hop Reggae à la „Irie Révoltés“, über seichtem Pop-Rock von „Marit Larsen“, über dem Indie-Punk-Rock Duo „Blood Red Shoes“ bis hin zu dem undefinierbaren Alpen-Funk-Techo-Gypsi-Brass des Quintetts „LaBrassBanda“.
Den bayrischen Lederhosenträger gebührt Samstagabend auch die Ehre, die letzten Melodien des Festivals anzustimmen. Da die „Große Freiheit 36“ zu dem Zeitpunkt natürlich randvoll ist, gehen die vielen wartenden Leute vor dem Club leer aus und verpassten den krönenden Abschluss. Jedoch ist das nur als kleiner Kritikpunkt zu werten und trübt in keinster Weise den umwerfenden Eindruck. Denn im Vergleich zum letzten Jahr, hat sich die Organisation des schwer zu planenden Festivals wesentlich verbessert und Schlangen vor den Clubs blieben, u.a. dank der Erweiterung um fünf weitere Spielstätten, eine Seltenheit. Vielmehr gibt es zu jeder Zeit so viel musikalisches Alternativprogramm, dass die Wahl wahrlich schwer fällt. Der Fokus liegt hierbei, im Vergleich zu den vergangen Festivals, nun noch mehr auf talentierte und potenzielle Newcomer aus aller Herren Länder. Zwar verzichtete man nicht ganz auf einige große Namen der Szene (z.B. „Johnossi“, „Marina And The Diamonds“), doch richtige Headliner existieren dieses Jahr nicht. Nicht umsonst gilt das REEPERBAHN FESTIVAL auch als das „Entdecker Festival“.
Abseits des Bühnenprogramms gibt es ebenfalls zahlreiche spannende Möglichkeiten sich die Zeit zu vertreiben. Das zeitgleich stattfindende REEPERBAHN CAMPUS bietet 70 informative Veranstaltungen rund um das Thema Musikbuisness. Unter den vielen qualifizierten Referenten finden sich u.a. auch richtige Branchegiganten, wie den Verleger von „AC/DC“, Philip Mortlock oder Promoter Eric Clapton. Mehr als lohnenswert ist auch ein Abstecher zu dem innovativen Teil des Festivals „REEPERBAHN ARTS“. Dort kann man z.B. Filme von Live Auftritten „Jan Delays“ bewundern oder eine der vielen interessanten musikbezogenen Kunstaustellungen begutachten.
Die einzigartige Vielfalt des REEPERBAHN FESTIVALS wird also lange nach Ihresgleichen suchen. Was bleibt uns da noch groß zu sagen, als was die Jungs von „Beat!Beat!Beat!“ nach ihrem Auftritt auf den Punkt brachten: „Es war geil hier zu sein. Hoffentlich sind wir nächstes Jahr wieder dabei.“
Mehr Fotos zum Reeperbahn Festival; Fotografin Lisa G.
Blood Red Shoes
Black Box Revelation
Marina And The Diamonds
FM Belfast
La Brass Banda
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