Laut Lokalradio der schönste Tag im Jahr – zumindest gesamtwettertechnisch gesehen – lockt viele Sonnenhungrige in den Biergarten des Kölner Stadtgartens oberhalb des Studio 672. Mit Bier in der Hand, Sonnenbrille auf der Nase und Glückseligkeit im Gepäck, ist es da kein Wunder, dass zum offiziellen Einlass noch niemand so richtig in die dunklen Katakomben des Clubs hinutersteigen mag. Vielleicht ist es ihr guter Ruf, oder aber auch die seichte Klangwolke, die die Treppe herauf kriecht, die dann doch pünktlich zum Beginn des Konzertes die Besucher bereits zur belgischen Vorband Isbells sich vor die Bühne drängen lässt. Mit filigranen Tönen umschmeicheln eine Dame und drei kahlköpfige Herren das gutbesuchte Studio und geleiten die Anwesenden charmant zum Höhepunkt des Abends: Stornoway!
Punkt halb zehn ist es soweit. Verstärkt durch eine Tourviolinistin stimmt die Band den Song „The Coldharbour Road“ an. Mit überwältigender Klarheit und Präzision schwingt sich die Stimme von Frontmann Brian Briggs durch den Song und gibt der Live-Performance den Druck, den das Album BEACHCOMBERS WINDOWSILL hier und da vermissen lässt. Klingt „Watching Birds“ auf Platte nach angezogener Handbremse, gibt das Stück auf der Bühne Vollgas und lädt zum mitstampfen und tanzen ein. Bevor „I Saw You Blink“ angestimmt wird, gibt es zur allgemeinen Belustigung – und für alle, die sich gefragt haben, was dieser blonde Puppenkopf auf dem Verstärker zu suchen hat – noch schnell eine Geschichte. Während einer gefilmten Akustik-Session für einen Berliner Radiosender, stürmte eine Frau auf das Set und „schenkte“ den vier verdutzten Engländern dieses Plastik-Antlitz. „Wir haben sie Puppy genannt und nehmen sie jetzt mit auf Tour“. Ein bisschen seltsam? Nein, wer das Video zu „I Saw You Blink“ kennt, der wird’s verstehen…
Zur Abwechslung vom Mehrstimmengesang, steht Sänger Brian bei „November Song“ ganz allein vor dem Mikrofon und beweist, dass eine Gitarre und seine Stimme reichen, um so manche Gänsehaut zu erzeugen. Eher ungeplant bekommt das Publikum dann eine Unplugged-Version von „The End Of The Movie“ serviert, weil ein Kabel wohl nicht so will wie es soll. Das findet aber so großen Zuspruch, dass auch „We Are The Battery Human“ komplett unplugged performed wird und den Höhepunkt des Abends herbeiführt, als beim Chorus das versammelte Studio mit einstimmt. Ein kurzer Verschnaufer, dann endet mit perfekt verstromten „Zorbing“ als Zugabe das knapp einstündige Set. Schade, aber als Appetitthappen auf den nächsten Deutschlandbesuch genau richtig. Vielleicht nicht der schönste Abend im Jahr, allerdings definitv einer der oberen Riege.
Fotos vom Konzert; Fotografin Juli