Nach eigenen Angaben haben die vier Mitglieder der US-Band Someone Still Loves You Boris Yeltsin ihren Namen hauptsächlich seiner Länge wegen ausgewählt. Dass dieser aber anscheinend über einen großen anziehenden Charakter verfügt, konnte man am Mittwoch Abend im Düsseldorfer Pretty Vacant sehen, denn ungewöhnlich viele Menschen fanden sich zu dem Konzert ein, ohne den Main Act überhaupt zu kennen. Leider trug dies zu einem überdurchschnittlich lauten Geräuschpegel bei, den die Jungs aus Springfield nicht so recht durchbrechen vermochten. Um kurz nach zehn betraten diese die kleine Bühne und es ertönen die ersten, unverwechselbaren Töne von “Banned (By The Man)“.
Was Kritiker und die schnell wachsende Fangemeide anfangs so liebten, scheint SSLYBY live allerdings zum Verhängnis zu werden; ihr Low Fi Sound wird von dem zu leise eingestellten Backgroundmikro beinahe zum „Bad Fi“ Sound. Wer sich hieran gewöhnen konnte und die Technik Technik sein lassen konnte, fand sehr schnell Gefallen an dem raueren Stil, aus dem die poppige Sing-Along-Leichtigkeit zum großen Teil herausgenommen wurde und fast schon an die grungigen 90er erinnert. Nach dem zweiten Song “Everlyn“ begrüßt Drummer Philip zaghaft, fast schon schüchtern das Publikum, das diese leider fast gänzlich ignoriert. Die Aufmerksamkeit wendet sich erst wieder vollends Sänger und Gitarristen John Robert zu, als eine seiner 6 Saiten sich bei “Nothing’s Made To Last These Days“ ins Jenseits befördert. Da zum Glück noch eine weitere Gitarre bereit steht, wird das Set weiter durchgezogen. Nicht jedoch, ohne von dem so unruhigen Düsseldorfer Publikum unterbrochen zu werden; ob sie denn nicht mal bitte die Freundin Ina vor die Bühne rufen könnten, man wolle mit ihr tanzen!? Gesagt getan, die netten Herren aus Springfeld helfen gerne aus und bitten Ina nach vorne. Fast schon liebenswert kommen da die stetigen Zwischenrufe „Spassi’ba!“ „Charoscho!“ oder „Dawai! Dawai!“ rüber, die von der Bühne als schüchternes Echo zurückgeworfen werden. Zur Mitte wird man mit etwas Außergewöhnlichem überrascht: SSLYBY wechsel dich! Auf der engen Bühne mutet der Instrumentenwechsel zwischen Drummer Philip (von nun an Gitarre und Gesang), John Robert (fortan nicht am 6- sondern am 4-Saiter) und Jonathan, der sich vorsichtig zum Schlagzeug rüberhangelt, wie ein extrem ungelenkes und unbeholfenes Laien-Männerballett an. Der Titelsong des neuen Albums LET IT SWAY stellt den Höhepunkt und auch gleichzeitig das Ende des regulären Sets dar. Nach einem kurzen Abstecher ins Publikum (denn an einem Backstage, oder sonstiger Ausweichmöglichkeit für die Band fehlt es in den Kellergewölben des Pretty Vacant) besteigen SSLYBY noch einmal die Bühne, um Düsseldorf mit einem drei Stücke langen Encore zu beglücken. Nach 1 ½ Stunden Show nützen auch weitere Zugabe-Forderungen nichts mehr und die aufgeheizten Besucher mögen sich so „Warm And Powerful“ fühlen wie sie mögen; sie werden trotzdem in die frostige Düsseldorfer Nacht entlassen.
Fotos vom Konzert; Fotografin: Julia L.