FORGET heißt das Debüt-Album von Twin Shadow aus New York. Doch es verbirgt sich eher ein Wiederaufleben, ein Erinnern, als ein Vergessen beim Hören der elf Twin Shadow-Songs. Tief, dumpf und dröhnend, dann folgen himmlische Synthesizer und ein dahin gehauchter Gesang – so beginnt das kleine Popmeisterwerk. Zu empfehlen: Kopfhörer auf, aufdrehen und durchhören! Sich öffnen und fallen lassen in die stetig wachsende Steigerung. Nach Überfliegern wie MGMT, The XX, Hurts, Crystal Castles oder jüngst den hochgelobt- und gehypten Warpaint, gibt es mit Twin Shadow nun einen weiteren Act auf dem Markt, der genau wie alle anderen Acts es schafft, bei der Vielfalt und Masse an Künstlern, nicht langweilig zu klingen . Es geht also noch mehr 80er!
Brooklyn ist seit jeher schon immer bekannt für neue fabelhafte Gruppen in allen Genres. Hier ist nun der Pop König! Und Twin Shadow Mastermind George Lewis Jr. bekam diesen nur allzu oft in die Wiege gelegt. Hier und da klingt ein wenig Morrissey durch, dann wieder The Cure, und dann wieder New Order. Umso erstaunlicher ist es, dass George Lewis Jr. vor nicht allzu langer Zeit Punk machte und auf Bands wie die Bad Brains stand. Twin Shadow klingt facettenreicher, als beim ersten Hören überhaupt realisiert werden kann. „At My Heels“ zum Beispiel überrascht mit gekonntem Indiediscofeeling, ähnlich wie auch „For Now“, welches zusätzlich mit einem kleinen 80er Gitarren-Solo plättet. Trashpop vermag man zu diagnostizieren – das Tanzbein bekommt keine ruhige Minute. Die durch die Internetblogs geisternde erste Hitsingle „Slow“ erfasst mit einer rustikalen Mischung Joy Divisions „She’s Lost Control“ und The Smiths „Some Girls Are Bigger Than Others“ (ersetzbar durch fast jeden anderen Smiths Song). Zucker aufs Brot für alle Kinder jener blühenden Zeit der Musikgeschichte. Trotz des durchweg treu bleibenden Stils auf FORGET wird es nicht monoton. Unterschiedliche Beats, Tempowechsel und ein auf und ab an Refrain- und Versmelodien lassen das Pop-Herz höher schlagen. Ein wenig Funk wie in „Yellow Balloon“ darf dann auch mal sein. Lewis macht in seinen Arrangements den Lo-Fi aber nie zum Hi-Fi. Die Linie wird gehalten. Und genau das scheinen seine Hörer zu lieben. Er verpackt oft öde Alltagsgeschichten in ein neues Gewand und versucht sein persönliches Ich anders zu dimensionieren.
Zwei Jahre saß George Lewis Jr. an seinem Debütalbum und schon vor Veröffentlichung überschlugen sich die Musiknerds im Internet mit Komplimenten und Lobeshymnen. Heutzutage was richtig Neues zu erschaffen wird durch den Mix der vielen Stile und der mehr als unübersehbaren Masse an Bands sicherlich immer schwieriger. Wann war noch mal die letzte große Musikbewegung? Twin Shadow katapultiert die Pop- und New Wave-Bewegung von vor 30 Jahren ins nächste Jahrtausend und bleibt dabei hoffentlich ganz bescheiden und so Lo-Fi wie nur möglich. Für lange Nächte in gemütlichen Bars, mit rot gepolsterten Sofas und dem letzten Tanz in Trance!
VÖ: 12.11.2010 4AD/Beggars Group/Indigo
01. Tyrant Destroyed 8/10
02. When We’re Dancing 7/10
03. Slow 9/10
04. Shooting Holes 7/10
05. At My Heels 7/10
06. Yellow Balloon 8/10
07. Tether Beat 7/10
08. Castles In The Snow 9/10
09. For Now 7/10
10. I Can’t Wait 6/10
11. Forget 9/10
Durchschnitt: 7,6/10
Gesamteindruck 8/10