Wenn Elitestudenten Langeweile haben, werden sie eben Rockstars. Klavier-, Kontrabass- und Gitarrenunterricht zahlen sich aus und schon stehen vier nette Jungs von Nebenan in Hemd und Preppy-Look auf der Bühne. Nett – so wirken Vampire Weekend auch am Abend des 18. November 2010 im Berliner Astra. Und auch wenn sie eine beeindruckend professionelle Show abliefern, den Rockstar nimmt man ihnen nicht vollkommen ab.
Berlin mag feiern an diesem Donnerstagabend. Das Publikum verhält sich in vorfreudiger Fab-Four-Manier in einer erstaunlichen Lautstärke, nachdem das musikalische Langzeit-Beziehungs-Duo Jenny and Johnny aus Nebraska die Bühne verlassen hat. Eine akkurate halbe Stunde dauert die Pause, die die Countryrockduette vom Preppy-Afrobeat-Rock der vier New Yorker trennt. Um halb zehn betreten sie die Bühne: Vampire Weekend, frenetisch gefeiert vom gutgelaunten Publikum. Und stehen Leadsänger und Gitarrist Ezra Koenig und Chris Baio bei „Holiday“ noch ruhig, fangen die beiden doch spätestens bei „White Sky“ an zu hüpfen. Bassist Baio geht bei „M79“ in die Offensive, profiliert sich auch später durch virtuoses Spielen auf dem Kontrabass zu „Taxi Cab“. Dazu klingen E-Piano-Klänge von Keyboarder Rostam Batmanglij, der wiederum zu „California English“ im New Wave-Stil Synthieklänge produziert. Die von Vampire Weekend abgelieferte Show ist eines definitiv: sehr tanzbar. Nach dem trommelwirbenden „Run“ folgt die Single „A-Punk“, bei „Blakes“ fordern die New Yorker ihr Publikum zum Mitgrölen auf, was dies jedoch bereits seit Beginn erfolgreich praktiziert.
Die Vier um Frontmann Koenig sind vor allem eines: gute Musiker. Nach fast genau einer Stunde Show lassen sie sich recht lange um eine Zugabe bitten, die dafür jedoch recht exzentrisch ausfällt. Die Fans gehen mit, werfen die Arme hoch und lassen den Abend zu „Walcott“ ausklingen. Vampire Weekend spielen ein rundes Konzert mit einwandfreiem musikalischem Handwerkszeug. Eine Menge Bildungsbürgertum prägt ihren unverwechselbaren Sound. Dazu Afrobeats, vermeintlich unauffällige Tempiwechsel, eine Prise New Wave, viel Mädchen-Indiepop und vor allem: nett.
Fotos vom Konzert; Fotografin Julia F.