Irgendwo zwischen Traum und Realität wandeln an diesem Montagabend die Besucher des Festsaals Kreuzberg in Berlin und mit ihnen Warpaint aus Los Angeles.
Mit überraschender Leichtigkeit schaffen es die vier, mit reichlich Vorschusslorbeeren ausgestatteten Mädels, heute Abend im prall gefüllten Club ihr Publikum von den ersten Tönen an hineinzuziehen in ihre Musik.
Die Lichtshow ist aufs Wesentliche reduziert, passend zum langsamen Intro ihres ersten Songs heute Abend „Warpaint“, wird es nur langsam heller auf der Bühne. Emily Kokal und Theresa Wayman, deren Stimmen den Song tragen und wunderbar zusammen harmonieren und sich gleichzeitig auf eine gewisse Art und Weise auch kontrastieren, finden rechts und links auf der Bühne ihren Platz, während Jenny Lee Lindberg in der Mitte emsig ihrem Bass bearbeitet und Stella Mozgawa weiter hinten auf die Drums haut. Stella ist es auch, die mit ihrem druckvollen Spiel die Songs zusammenhält.
Live gelingt dem Quartett ein teilweise erstaunlich rockiger und vor allem dichter Sound, den sie anfangs tief versunken in der Musik häufig mit geschlossenen Augen vortragen. Da wird jede Note gefühlt und gelebt und der Band ist deutlich anzusehen, wie sehr sie ihr Schaffen genießt.
Sich diesem Auftreten zu widersetzen ist eigentlich nicht möglich, für die von Warpaint kreierte Atmosphäre die richtigen Worte zu finden ebenso. Düster, intensiv, trotzdem hoffungsvoll, mysteriös und fast hypnotisch fühlt man sich in der Warpaintwelt, deren Klangkosmos sich angenehm weit weg bewegt von dem, was man so vom Sound einer vierköpfigen Mädchenband erwarten würde. Immer wieder gibt es überraschende Wendungen in ihren Songs, Breaks und lange Instrumentalpassagen, die zeigen, dass die Mädels wirklich wissen was sie da tun. Gejammt wird auch mit viel Spaß, sodass aus den eh schon nicht kurzen Songs auch gerne einmal knackige Siebenminüter entstehen. Vorgetragen werden heute fast alle Stücke ihres Debüts THE FOOL und einige ihrer EP. Natürlich, das großartige „The Undertow“ sticht irgendwie hervor, auch live lässt einen dieser Text und diese Melodie nicht los, aber wirklich verstecken muss sich hier kein Song heute Abend, denn Warpaints Set funktioniert als Ganzes so wunderbar, dass man gar kein einzelnes Stück herausheben mag.
Ohne Zugabe dürfen sie heute dann nicht gehen, das ist klar. Und so kommt die Band zweimal auf die Bühne zurück und beendet ihr Konzert mit einer grandiosen Performance ihres ruhigsten und fast a capella vorgetragenen Stücks heute: „Billy Holiday“. Spätestens jetzt ist klar, die werden noch richtig groß, die vier Mädels. Eigentlich sind sie es jetzt schon.
Setlist:
Warpaint
Stars
Composure
Undertow
Beetles
Set Your Arms Down
Bees
Burgundy
Elephants
Majesty
Billy Holiday