Nein, es war am Donnerstagabend alles andere als ein stinknormales Konzert, was We Are Scientists uns in der Zeche Carl geboten haben. Dass Keith Murray und Chris Cain an sich sowieso nicht von der gewöhnlichen Sorte sind, dürfte sich ja mittlerweile rumgesprochen haben. Aber es wird sich wohl niemand unter den Konzertbesuchern erhofft haben, die beiden an diesem Abend so ausgesprochen nah kennenlernen zu können!
Doch immer der Reihe nach. Im Vorprogramm gib es erstmal Rewards zu sehen, die wie der Hauptact selbst aus Brooklyn, New York stammen. Sänger und Gitarrist Aaron Pfenning zeigt sich schon sehr publikumsverbunden, als er einen seiner Songs vor der Bühne im Zuschauerbereich performt. So richtig hellhörig werden die Zuhörer allerdings, als We Are Scientists am Ende des Sets dazu kommen und Keith Murray nicht wie sonst als Sänger oder Gitarrist fungiert, sondern am Schlagzeug Platz nimmt. Mittlerweile hat sich der Raum recht gut gefüllt und um kurz nach neun spazieren We Are Scientists auf die zu diesem Zeitpunkt schon arg in Nebel gehüllte Bühne. Losgelegt wird gleich mit dem absolut mitreißenden „Nice Guys“ vom aktuellen Album BARBARA, dabei streikt aber leider das Mikro von Keith Murray. Schade, doch die Band legt mit „Nobody Move, Nobody Get Hurt“ und „I Don’t Bite“ nach, um stimmungsmäßig ganz sicher zu gehen. Funktioniert schon mal bestens, denn ein paar Jungs mischen die erste Reihen mit wildem Rumtanzen und Pogen ordentlich auf.
Die Ankündigung von Bassist Chris Cain, beim nächsten Song runter in die Menge zu kommen, hätte man ja durchaus für einen Scherz halten können. Aber weit gefehlt. Vor „Lethal Enforcer“ verfrachtet er kurzerhand seinen Mikroständer ins Publikum und spielt von nun an auch dort weiter! Trotz besorgter Miene und Warnungen von Keith Murray: „They’ll kill you and eat you like a chicken!“ Dann traut er sich jedoch selbst mit in die Menge und die begeisterten Fans sammeln sich wie eine Traube um die beiden Wissenschaftler. Da darf jeder mal anfassen, Fotos machen und ins Mikro singen. Bei „Break It Up“ klettert Keith vorerst wieder auf die Bühne zurück, vielleicht hat der eine oder andere ja doch zu hungrig geguckt. Von Chris gibt es derweil eine kurze Darbietung seiner Deutsch-Kenntnisse „Keith Murray ist schmutzig. Dat stimmt!“ Als dann noch „The Great Escape“ angestimmt wird befinden sich Publikum und Band endgültig im Ausnahmezustand. Keith klemmt sich fürs Gitarrensolo sogar vor die Lautsprecherbox am Bühnenrand. Techniker Phil will er dann noch zum Breakdance überreden, was dieser aber dankend ablehnt. Der arme Mann hockt weiter schwankend zwischen besorgt und amüsiert am Bühnenrand und scheint selbst kaum fassen zu können, dass die Hälfte des Konzerts im Zuschauerbereich stattfindet. Genau dahin kehrt auch Sänger Keith nochmal zurück und beschert Drummer Andy Burrows (Ex-Razorlight) nun endgültig den wohl einsamsten Gig seines Lebens irgendwo hinter ziemlich überdosierten Nebelschwaden. „After Hours“ soll eigentlich der letzte Song an diesem unglaublichen Abend sein, doch das Trio lässt sich nicht lange um eine Zugabe bitten. Und so kann man am Ende wirklich zu keinem anderen Fazit kommen: We Are Scientists sind live einfach nur top. Dat stimmt!!
Setlist:
Nice Guys
Tonight
Nobody Move, Nobody Get Hurt
I Don’t Bite
Central AC
Impatience
Let’s See It
Rules Don’t Stop
Scene Is Dead
Inaction
Chick Lit
Lethal Enforcer
Textbook
Break It Up
The Great Escape
Jack & Ginger
After Hours
Fotos vom Konzert; Fotografin: Julia Laacks