Dass Festivals absolut nicht nur etwas für den Sommer sind, bewies das Fest van Cleef am Freitagabend in Berlin mit so einigen musikalischen Leckerbissen im Gepäck. Verteilt auf zwei Bühnen gaben sich zum fünfjährigen Jubiläum des Festivals Acht Bands die Ehre und sorgten nicht nur für gute Unterhaltung, sondern auch für eine angenehm familiäre Stimmung.
Den Abend eröffnen die Jungs von Beat! Beat! Beat! aus Viersen, die mit ihren Debütalbum LIGHTMARES und ihrer schicken Mischung aus Rock, Indie gepaart mit Synthieelementen schon so einiges Lob für sich gewinnen konnten. Leider ist 18 Uhr für Berliner Verhältnisse noch eine nachtschlafende Zeit und entsprechend zurückhaltend reagieren zunächst die Menschen im Zuschauerraun der C-Halle. Was keinesfalls an der Musik oder der Band liegt.
Erst am Ende bei ihrem Hit „Fireworks“ wacht dann auch das Publikum auf und wagt sich zaghaft zu bewegen. Letzteres kann im Anschluss ein gewisser Tim Neuhaus auf der kleinen Bühne des C-Clubs von Beginn an vollends überzeugen, da er mit seinen Mitmusikern eine sehr leidenschaftliche Performance hinlegt. Mit Schlagzeug, Gitarre und Kontrabass und so einigen Singer/Songwriterperlen im Gepäck bezaubert er alle anwesenden mit durchweg tollen handgemachten Songs und seiner Leidenschaft an der Musik, die man so beileibe nicht bei jedem Musiker sieht. Sollte man unbedingt im Auge behalten den Tim! Höhepunkt seines Auftritts ist dann, als Markus Wiebusch, seines Zeichens Sänger von Kettcar, mit auf die Bühne kommt und beide ein akustisches Cover von „Lisztomania“ von Phoenix performen. Sehr gelungen. Aber auch das großartige „As Life Found You“ bei dem das Publikum auf die Mitsinganimationen von Tim zunächst zögerlich, aber doch dann zunehmend stärker eingeht, weiß vollends zu überzeugen.
Voll wird es dann auf der großen Bühne in der C-Halle, denn Young Rebel Set aus England stehen zu siebt mit drei Gitarren, Mundharmonika, Mandoline, Bass und Schlagzeug auf der Bühne. Bisher nur ein Minialbum veröffentlicht, ist die Band hierzulande noch recht unbekannt. Das sollte sich jedoch bald ändern, denn ihre Musik, die ab und an ein wenig an den Folk-Rock der guten Mumford & Sons erinnert ist vor allem eines: packend. Das sehr amerikanisch-countryeske „If I Was“ zum Beispiel. Auch sonst klingen die Jungs, mal abgesehen von ihrem Akzent, so gar nicht englisch. Mit zum Teil vierstimmigen Gesang und glasklaren Melodien sind auch die Zuschauer hier mehr als angetan. Darauf müssen die Jungs erst mal mit ein oder zwei Bierchen anstoßen und auch eine Zugabe ist da noch drin. Die jungen Rebellen sollte man sich ebenfalls unbedingt merken.
Etwas gediegener geht bei Nils Koppruch zu. Der frühere Fink Gitarrist heimste mit seinem Soloalbum CARUSO Lobeshymnen von allen Seiten ein. Zurecht, wie sich heute herausstellt. Mit Gitarre, Mundharmonika und unterstützt von einem Bassisten spielt er seine Songs, bei denen trotz Melancholie immer ein fröhlich entspannter Unterton mitschwingt. Wohlfühlmusik eben. Für „Die Aussicht“ kommt dann Kollege Gisbert zu Knyphausen mit auf die Bühne und die Beiden geben ein kleines Pfeifduett zum Besten.
Gisbert steht dann auch wenig später drüben in der C-Halle auf der Bühne. Thees Uhlmann, der das Fest van Cleef moderiert, muss schon im Vorfeld zugeben, dass er aus Angst vor Gisberts Qualität sich lange gar nicht richtig traute seine Musik anzuhören. Genau das sollte man jedoch unbedingt. Auch Solo nur unterstützt von seiner Gitarre, zeigt dieser nämlich, warum er zu den führenden Musikern in seinem Genre in Deutschland zählt. Ob seine Sylvesterhymne „Neues Jahr“ oder seine Hassliebe auf die „Melancholie“, in seinen Geschichten kann man sich einfach zu gut wiederfinden. Schade nur, dass gerade bei so einer Performance der Geräuschpegel im Zuschauerraum viel zu hoch bleibt. Unverständlicherweise.
Aber alle die Lust auf tanzen haben, bietet sich genau jetzt die Möglichkeit. Also auf zur zweiten Bühne, wo die Band wartet, „die öfter tourt als aufs Klo zu gehen“ (Thees Uhlmann): An Horse. Die Australier, die nur mit Schlagzeug und Gitarre live einen noch druckvolleren Sound als auf Platte kreieren, wissen wie sie mit einfachen, aber wirkungsvollen Mitteln, das Publikum auf ihre Seite ziehen. Ob „Postcards“ oder „Scared As Fuck“, die Höhepunkte folgen früh in einer Show, die eigentlich so voller Höhepunkte ist, dass man fast keinen Song herausheben mag.
Dann ist es Zeit für Thees Uhlmann und seine Freunde. Sein erster Freund ist ebenfalls Mitglied der GHVC- Family, der Mundharmonikaspieler von Young Rebel Set nämlich, der Thees bei den ersten beiden Songs unterstützen darf, darunter die St. Pauli-Hymne „Das Hier Ist Fußball“ und eine akustische Version der „Schönheit der Chance“. Dann
erst kommt seine Band für diesen Abend auf die Bühne und präsentiert Thees Solosongs, die insgesamt um rockiger, aber auch scheinbar schneller im Ohr bleiben als die Songs seiner Hauptband.
„Zum Laichen Und Sterben Ziehen Die Lachse den Fluss Hinauf“ ist so einer, aber auch vor allem der Schlussong „Jayz singt uns ein Lied“ weiß zu überzeugen.
Schließlich wird es langsam Zeit für den Headliner des heutigen Abends, das GHVC-Aushängeschild Kettcar. Schon wieder so eine Band, die man unbedingt Live gesehen haben sollte um ihr wirkliches Potenzial zu erkennen. Um einiges rockiger als auf Platte und mit sichtlicher Spielfreude nach längerer Liveabstinenz und Schlagzeugerwechsel zeigt, warum Kettcar heute den Status haben, auch die volle C-Halle mitzureißen.
Nach dem ruhigen „Balu“, heute einmal nicht als Zugabe, sondern recht früh im Set, das laut Markus Wiebusch angeblich mehr ein Frauensong ist, folgt der erste neue Song des Abends: „Nach Süden“, ein Song darüber, wie es ist Glück zu haben, den Krebs besiegt zu haben und das Krankenhaus verlassen zu dürfen. Sehr berührend. Aber bevor es richtig ruhig wird, geht es dann auch schick rockig weiter mit „Landungsbrücken Raus“, wo die ersten vorsichtigen Crowdsurfingversuche gestartet werden. Ansonsten bieten Kettcar einen schönen Querschnitt aus ihren drei Alben, da darf „Im Taxi weinen“ natürlich genauso wenig fehlen wie „Am Tisch“. Und als nach dem ersten Zugabenblock die Jubelstürme immer noch nicht abbrechen gibt es auch noch „Ausgetrunken“ als passenden Schlussong. Wie singt Markus Wiebusch doch gleich: „Home is where your heart is“ und irgendwie kann Musik doch auch eine Art zuhause sein. Für diesen Abend war sie das jedenfalls und das Fest Van Cleef eine wirklich rundum begeisternde Veranstaltung.
Weitere Fotos zum Konzert; Fotografin Julia F.
Tim Neuhaus
Young Rebel Set
Nils Koppruch
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An Horse
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