Erland & The Carnival – Nightingale

Das muss man sich mal vorstellen: An dem Ort ein Album aufzunehmen, der früher mal als illegale Radiostation diente. Nämlich auf einem Schiff – oder vielmehr im Bauch von eben diesem -, das seit Ewigkeiten auf der Themse vor sich hin modert. Wenn dabei nicht grade funky Diskonummern bei rumkommen, wundet sich wohl keiner.

Die Atmosphäre in NIGHTINGALE: gruselig und düsterer als das Vorgängeralbum und Debüt von Erland & The Carnival. Manchmal schießen Bilder in den Kopf, wahrscheinlich beeinflusst von alten Klischeefilmen – verlassene Karusselle, die sich im Nebel drehen, fies grinsende Puppengesichter, Gruselkabinett, solche Sachen. Besonders „Emmeline“ trägt einen beachtlichen Teil dazu bei mit seinen Orgeleinsätzen und dem Knochenklappern (wenn man es denn so interpretieren will). Thematisch geht es um die Liebe oder eher all den Schmerz, die sie mit sich bringt. So entstehen Textzeilen wie „The saddest thing in life is to love and not be loved“ („So Tired In The Morning“) oder „Love itself was gone“ im Refrain von „Map Of An Englishman“. Letzteres, die Vorabsingle, ist das hittigste Stück des Albums. Bei „East & West“, einem wunderschönen Folkstück, schieben sich die Vocals von Erland Cooper direkt unter die Haut, während die Instrumentierung mit der gezupften Gitarre wie ein taubesetzter Morgen, wie die Unschuld selbst das Übrige tut. Ganz indieresk und beschwingt ist dann „This Night“, doch auch hier wird das Gruselthema wieder aufgegriffen mit den klimpernden Klavierläufen und dem Orgelintro.

Das Cover von NIGHTINGALE ist selbstverständlich stilecht. Das Mädchen ist der Poltergeist von Enfield aus den 70er Jahren, der das ein oder andere Bandmitglied nicht ganz kalt gelassen haben soll. Gitarrist Simon Tong, Ex-The Verve und Mitglied bei The Good, The Bad & The Queen sowie zeitweise bei Gorillaz, sagt darüber: “It influenced the music because we’re trying to create a soundtrack to an imaginary horror film about the supernatural.”
Das Konzept der Platte wäre somit geklärt. Die Grusel-Nummer sollte jedoch keinen vom Hörgenuss abhalten, denn der vielseitige Mix von Folk, Indie, Vergänglichkeitskitsch, Pop, Düstermalerei, elektronischen Einflüssen und Maskerade hat definitv seine starken Momente.

VÖ: 11.03.2011 Full Time Hobby / PIAS / Rough Trade

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