Am vergangenen Donnerstag gab es endlich wieder Gelegenheit, den asymetrischen Haarschnitt ordentlich hoch zu toupieren und das Neonoutfit aus dem Schrank zu kramen – das alljährliche Electronic Beats Festival lud ins Kölner E-Werk ein. Zugegeben – das Line Up war schon mal stärker. Dennoch war die Aussicht auf ekstatisches Tanzen und das Zusammenkommen hunderter Gleichgesinnter verführerisch und das Event somit ausverkauft.
Holy Ghost! aus New York machen den Anfang. Der stark von den 80ern inspirierte Synthie-Elektro-Pop kann sicherlich das ein oder andere Bein zum Zucken bringen, der Funke ist aber zu träge, um beim Publikum wirklich Feuer zu entfachen. Es ließ sich eine durchschnittlich gute Show bieten und applaudiert am Ende brav. Der Auftritt von Planningtorock war dann für einige Festivalbesucher der wohl beste des Abends. Die Berlinerin Janine Rostron hat sich zu einem geschlechtslosen, alienhaften Wesen verwandelt. Polster unter der Kleidung, die Stimme teilweise extrem heruntergepitcht und mit einer Halbgesichtsmaske, die die Stirn zu einer gigantischen Wulst werden ließ und der Nase einen gigantischen Höcker verlieh, war man ihrem Bann hilflos ausgeliefert. Obwohl sie sonst die Alleinverantwortliche für ihre Musik ist, bekommt sie heute sie von zwei Herren (Keyboard, Saxophon) Unterstützung. Minimal extrem maximal – ein düsterer, hypnotisierender, unfassbar schöner und selbstbewusster Auftritt, der außer atmosphärischen Scheinwerferkegeln in kühlen Farben nichts brauchte. Highlight.
Nouvelle Vague tanzen dann ziemlich aus der Reihe. Die beiden französischen Grazien, die für diese Darbietung den NV-Gründern Marc Collin und Olivier Libaux (an den Keyboards bzw der akustischen Gitarre) sowie einem Bassisten und einem Schlagzeuger zur Seite stehen, führen in knappen Blumenkleidchen ein lasszives Burlesque-Schauspiel auf und spielen neckisch mit dem Publikum. An und für sich sind Nouvelle Vague mit den mal mehr, mal weniger jazzigen Covern aber eher eine Fehlbesetzung. Eines muss man aber zugeben: Bei Songs wie „Too Drunk To Fuck“ ist die Stimmung im E-Werk an diesem Abend am ausgelassensten.
Und dann Animal Collective. Der Headliner spielt und es lichtet sich. Der Höhepunkt des Abends und die Leute lehnen sich skeptisch ans Geländer, verlassen die Halle. Avey Tare, Panda Bear, Geologist und Deakin stehen vor grellen, psychedelischen Visuals und ein großer Teil des Publikums ist ratlos. Fragt sich, ob sich das Musik nennt und sucht den roten Faden. Das Pulk vor der Bühne, das die Laufbahn der Truppe und ihren Schuss durch die Decke in den letzten paar Jahren mitverfolgt hat, tanzt entrückt, wie in Trance. Animal Collective kreieren bombastische, kompositorisch einwandfreie Experimente mit ihren etlichen Samplern und Keyboards, mit Gitarre und Schlagzeug, aber es ist einfach zu viel. Zu viel übereinander, zu viele Brüche. Wenn sich das so sehr in der Reaktion des Publikums niederschlägt, muss man sich schon fragen, ob sich das Festival mit diesem Headliner einen Gefallen getan hat.
Als dann schließlich die beiden Herren von Modeselektor die Bühne erklimmen, liegen daher erschwerte Bedingungen vor. Die Stimmung und der Konsens musste wiedergefunden werden. Draußen vor dem E-Werk sitzt man auf Bierbänken, als plötzlich derbe Bässe einsetzen, die die Fabrikfenster bedrohlich scheppern lassen. Die Lautstärke in der Halle ist ohne Papierfetzen im Ohr fast nicht auszuhalten. Das, was die Berliner Partygranaten Gernot Bronsert und Sebastian Szary da aber ablieferten, ist astreiner Shit. Das Gebräu aus Techno, Rave, Dubstep und sonst allerhand geht ins Blut, steigt in den Kopf, fährt in die Beine. Ist eben der perfekte Abschluss für einen Abend der fragwürdigen Gegensätze und der infizierenden Vibes.
Fotos vom Festival; Fotograf Daniel Berbig
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sehr schöne Fotos…