jmc überrascht. Doch, wirklich. Wieso? Weil wir uns nicht, wie möglicherweise spekuliert, auf die gestern angepriesenen Apparat Band (zu sehen in der Philharmonie) und Owen Pallett gestürzt, sondern unsere Multikulti-Ader herausgelassen haben.
„A Fuego“ nennt sich das Ganze, präsentiert vom WDR-Sender Funkhaus Europa. Das bedeutet: lateinamerikanisches Feeling Open Air im Tanzbrunnen bei bestem Festivalwe… na ja, nicht ganz. Dort, wo am Abend zuvor noch Janelle Monáe die Soul- und R&B-Fans begeisterte, beschränkten sich die großspurig angekündigten 90% Regenwahrscheinlichkeit wenigstens nur auf zwei kurze Schauer am frühen Abend, die der Stimmung da aber keinen Abbruch mehr tun. Immerhin war aus diesen Gründen für den Tag das PollerWiesen c/o pop-Special mit u.a. Matthias Tanzmann und Headliner Paul Kalkbrenner abgesagt und auf Sonntag verschoben worden.
Das komplette Areal ist eine große Familienspielwiese mit Latino-Einschlag: Kinder unter 15 Jahren haben freien Eintritt, was viele Elternpaare dann auch dazu veranläßt, den dann doch überraschend trockenen Tag mit Anhang samt Kinderwagen, Picknickdecke und Verpflegung im Freien zu verbringen. Einzelne Strohhüte, themengerechte Lebensmittelstände und jede Menge Flaggen verschiedenster lateinamerikanischer Staaten vermitteln Karibik- und Latinofeeling, selbst wenn dunkle Wolken immer wieder bedrohlich Regen ankündigen. Das Rahmenprogramm, zu dem beispielsweise Capoeira-Vorführungen und Trommelworkshops gehören, sorgt für zusätzliche Unterhaltung.
Das musikalische Programm beginnt pünktlich um 15 Uhr mit der mexikanischen Singer/Songwriterin Ely Guerra aus Mexiko und sowie im Anschluss ihrer Landsfrau Natalia Lafourcade, ebenfalls Sängerin, ebenfalls Mexiko. Die Stimmung im Publikum ist bis auf die eingefleischten Fans zu dem Zeitpunkt verhalten, richtige Partylaune kommt immerhin sporadisch auf. Der gebürtige Argentinier Paco Mendoza (Caramelo Criminal, Raggabund) sorgt mit einem Song als Ankündigung für die folgende Julieta Venegas für ein gelungenes, kurzes Intermezzo.
Die Stimmung bessert sich daraufhin merklich. Passenderweise, schließlich kann Julieta Venegas an diesem Tag ihren allerersten Auftritt in Deutschland feiern. Schöne, flotte Popsongs der ebenfalls mexikanischen Sängerin, die samt Band für gute Laune bei den Anwesenden sorgt.
Die Umbaupausen überbrücken auf der zweiten Bühne über dem Brunnen zuerst das Mexican Institute Of Sound, die als Soundsystem vor dem Auftritt von Julieta Venegas schon mal ankündigen, was sie später am Abend bei der Aftershow-Party im Gloria perfektionieren sollten. Für wahre Begeisterungsstürme sorgen vor dem Auftritt der sehnsüchtig erwarteten Headliner erwartungsgemäß die Lokalhelden Chupacabras, die Umbau und Regenpause mit viel Temperament, Spielfreude und begeisterten Zuschauern ausfüllen.
Reggaeton-Feeling vermitteln dann schließlich Calle 13 aus Puerto Rico. Schon vor dem eigentlichen Auftritt sorgt jegliche Bewegung auf der Bühne für Jubelstürme des stark lateinamerikanisch geprägten Publikums. Wahre Ekstase dann, als die elfköpfige Band um Rapper und Bandgründer Residente alias René Pérez Joglar und seinen Halbbruder Visitante (Eduardo Cabra Martínez) die Bühne entern. Die Band aus dem karibischen Inselstaat sorgt mit Hits wie „Atrévete-te-te!“, „Tango Del Pecado“ und „Se Vale Tó-Tó“ für gute Laune bei allen Beteiligten und setzt das Gefühl für Regenschauer und abendliche Kühle für rund anderthalb Stunden außer Kraft.
Der Ruf nach einer zweiten Zugabe muss leider dem straffen Zeitplan weichen, der das Event um kurz vor 22 Uhr beendet. Die Party geht daraufhin im Gloria in der Innenstadt weiter, wo Tremor, Chancha Via Circuito, Mexican Institute Of Sound sowie das Funkhaus Europa Sound System den Abend so ausklingen lassen, wie der Tag im Tanzbrunnen geendet hat: mit begeisternder Stimmung. Und der folgende Tag kündigt ja auch schon wieder lohnenswerte Künstler wie Philipp Poisel, Alin Coen Band und Oh, Napoleon an gleicher Stelle an.
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