15 Jahre Orangenblüte und kein bisschen welk – ganz im Gegenteil – in diesem Jahr stand das familiäre Festival im Garten der Glitterhouse Records Villa inmitten des idyllischen Weserberglands wieder mal in voller Blüte.
Am Freitag entschied sich dann auch die Sonne bei angenehmen Temperaturen dem musikalischen Spektakel beizuwohnen. Bevor dies allerdings losging, wussten die OBS Veranstalter mit etwas ganz ungewöhnlichem aufzutischen. At The Farm hieß die Lesung für Kinder, die in angenehmer Gartenatmosphäre vorgetragen wurde. Seltsam für ein Festival, mag man denken, und doch so passend, für das Orange Blossom Special, in dessen Flair einer großen Gartenparty es doch nie an Professionalität fehlt. Ebenso wenig ließ bereits am Freitag das Line Up zu wünschen übrig. Mit der liebreizenden Wallis Bird begann dann also das musikalische Programm, dessen Höhepunkt für diesen Starttag jedoch ganz sicherlich die Schweden von Golden Kanine waren. Waren sie noch im letzten Jahr der Geheimtipp und die Entdeckung und vielleicht auch fortan eine der neuen Lieblingsbands der Besucher in der Glitterhouse Villa, schienen 2011 nicht wenige eigens für die Südschweden angereist zu sein. Enttäuscht wurden sie nicht, konnten sie doch beinahe 1 ½ Stunden lang den Songs des Debüts SCISSORS AND HAPPINESS sowie neuen Schmankerln des im April veröffentlichten Albums OH WOE! lauschen, schwelgen, träumen sowie zu den durchdringenden Bläsertönen tanzen.
Der Blick aus dem Zelt trübte am Samstagmorgen wohl des ein oder anderen Laune, doch trotzten die Besucher dem Regen und wurden mit der Enthüllung der Überraschungsband, die diesen zweiten Tag eröffnen sollte, belohnt: Washington aus Norwegen betraten bereits um 11 Uhr die Bühne. Weitere 3 Stunden sollte es allerdings dauern, bis Petrus sich am Riemen reißen und die Sonne durch die Wolken brechen konnte. Unpassender hätte das Timing jedoch nicht sein können, passt Marie Fiskers Musik doch, wie Veranstalter Rembert treffend formulierte, herrlich in düstere Spelunken und eigentlich gar nicht in die helle Sommersonne. So düster die Musik, die geradezu perfekt in einen Tarantino Film passen würde, auch anmutet, so wunderschön ist sie, vermengt sich mit Maries dunkler und durchdringenden Stimme und nimmt das Publikum voll ein. Zugegebenermaßen geht es da bei The Great Bertholinis um einiges beschwingter zu. Mit ihrer Mischung aus Indie-Rock und osteuropäischer Blasmusik-Polka bringen sie den Garten in Bewegung, verleiten zum tanzen. Doch wie sich um kurz vor 7 Uhr abends herausstellt, geht es noch besser. Denn da betreten die Kanadier um Dan Mangan die Bühne. Hauptaugenmerk mag hier auf dem Kontrabass liegen, der die Instrumentierung der Indie-Folk Rocker mit gehörigen Singer-Songwriter Einschlägen komplettiert. Der Sound fulminant, die Stimme einnehmend, durchdringend, wie einfühlsam, die Songs auch beim ersten Hören so vertraut. Höhepunkt des Sets ist mit Sicherheit der letzte Song “Robots“, in dessen Chor zum Ende der gesamte Glitterhouse Garten nicht nur involviert wird, sondern stellenweise einzig getragen wird. Gänsehaut wohin das Auge schaut stellt sich bei dem repetitiven „Robots need love too / They want to be loved by you“ ein. Aufgewühlt mögen einige Zuschauer sein, nach diesem Auftritt und wie könnte der Abend passender ausklingen als mit Gisbert zu Knyphausen & Band? Und es war Herr zu Knyphausens eigener Wunsch, dieses Jahr beim besten kleinen Festival spielen zu dürfen. Die Begeisterung und Freude ist spürbar, sind seine Lieder doch eher der traurigeren Sorte. Es täte ihm leid, er habe da nun mal nichts anderes. Das Publikum nimmt es ihm nicht übel und so klingt der Abend in tragender Traurigkeit aus.
Oder auch nicht. Für die Hartgesottenen verwandelte das OBS-Team mit Absperrband, Wasserflasche und Tennisball schon kurz nach dem letzten Klang den Platz vor der Bühne in ein Flunkyball-Spielfeld. Für alle Unwissenden: Ein Trinkspiel!
Stimmungsaufhellend nicht nur für die Zuschauer, die anfeuernderweise auf Bänken oder vom Balkon aus das Spektakel betrachteten.
So lange der Samstagabend auch gewesen sein mag und so stark dem ein oder anderen die ausgiebige Partie Flunkyball noch hinterher hängt, so erstaunlich ist es doch, dass sich schon wieder so viele im Glitterhouse Garten zusammen gefunden haben. Doch völlig berechtigt, denn um 12:30 Uhr stehen bereits Talking To Turtles auf der Bühne und Sänger Florian spricht beinahe schüchtern ins Mikro, wie aufrichtig er sich freut, hier zu sein. Das Publikum freut sich ebenso – seien es diejenigen, die die Band bereits kannten, oder die, die sich an diesem Tag zum ersten Mal bezaubern lassen. Neue Songs haben sie auch mitgebracht. Im Herbst dürfen wir auf eine neue Platte aus Leipzig / Berlin gespannt sein. Das sind wir.
Einen etwas weiteren Anreiseweg hatten da wohl die Jungs von Who Knew. Aus den nordischen Gefilden Rejkjaviks. Gelohnt hat sich dieser Weg, auf dem uns die Isländer ihre Indie-Rock / New Wave Mischung mitgebracht haben. Einen großartigen Anblick bietet Sänger Armann mit seinen heroisch-hippy Gesten im abendlichen Sonnenlicht. Nicht minder großartig ist natürlich die musikalische Darbietung, die sich in Power-Flower-SynthiePop-Manier wohl von den gewohnten Klängen abzuheben vermag. Das anscheinend auf den stilsicheren Geschmack des Glitterhouse-Teams vertrauende und somit allem aufgeschlossene Publikum ist sichtlich angetan.
Besonders angetan ist Labelchef Rembert von den Künsten der folgenden Band. Mit der Aussage gleich den wohl besten Song des Jahres 2011 zu hören steigert er die Erwartungen der Besucher ins unermessliche. Können da die Nordengländer von Young Rebel Set und ihr Folk-Pop mithalten? Adrett kommen sie daher, die jungen Typen, die nicht nur in ihrem Akzent leicht an die Gallagher Brüder erinnern. Anscheinend mögen sie genauso gerne feiern, denn bereits die erste Ansage lässt verlauten, man wolle auf jeden Fall noch mit allen ein Bier trinken und nicht nüchtern nach Hause fahren. Ein Bestechungsversuch der charmanten Art, welcher aber nicht drüber hinweg täuschen kann, dass die Songs ihres Albums CURSE OF LOVE live zwar gut, aber nicht herausragend sind. Nüchtern betrachtet ist selbst der angepriesene Titel „Lions Mouth“ irgendwie etwas dünn auf der Brust.
Nichtsdestotrotz kann sich das Orange Blossom Special auch in diedem Jahr wieder ein dickes Lob abholen, denn Bandauswahl und Festivalorganisation waren nahezu vorbildlich. Vielleicht schaffen wir es auch irgendwann das Geheimrezept zu finden, wie immer wieder aufs neue eine wundervoll harmonische Atmosphäre zu Stande kommt die das kleine Festival zu einer riesigen Gartenparty mit vielen Freund macht.
Übrigens: Wem der Bericht und die Bilder nicht reichen, der kann sich das Ganze auch beim Rockpalast in Bewegbilder anschauen! Die Ausstrahlung der Festivalzusammenfassung ist am Montag, 01. August 2011, 00.15 – 02.45 Uhr!
Fotogalerien vom Festival, Fotografin: Verena A.
Dan Mangan:
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Golden Kanine:
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Marie Fisker:
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Talking To Turtles:
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The Great Bertholinis:
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The Great Crusades + Rocco Recycle:
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Who Knew:
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Young Rebel Set:
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