Samy Deluxe – SchwarzWeiß

Was genau sich hinter der Intention versteckt, einen Track namens „SchwarzWeiss Anfang“ vor das Intro des Albums zu hauen, bleibt dem Hörer wohl verborgen, doch tritt diese Frage sofort in den Hintergrund und man verzeiht ihm seinen „raussehen – rausgehen“ Reim, ertönt dann der dritte Track und gleichzeitig die aktuelle Singleauskopplung des neuen Albums von Samy Deluxe “Poesiealbum“. Die Texte in Samy-typischer Gewand- und Gewitztheit, das Video so kreativ und künstlerisch, wie man sich es in der Musiklandschaft zuletzt nur wünschen konnte, repräsentiert dieser Track perfekt die Gesamtheit der Platte, spielt mit Gegensätzen wie auch mit Wörtern und lässt auch nach mehrmaligem Hören das Hip Hop-Herz höher schlagen, wenn es wieder eine neue Anspielung entdeckt.

Außergewöhnlich kommt da das leicht soulige “Zurück Zu Wir“ daher, das Samy zusammen mit Max Herre aufgenommen hat und uns als nächste Auskopplung nun auch bald im Radio erfreuen wird. Nach diesem grandiosen Track wird der ein oder andere Hörer wohl hadern, was er mit „Keine Wahre Geschichte“ anfangen soll. Die wahrscheinlich tiefgründig gemeinte Geschichte über einen Jungen, der beim Hören eines Gitarrenspielers den geplanten Amoklauf aufgibt, kommt leider sehr flach daher. Zumindest scheint Mr. Deluxe dies auch im Ansatz einzusehen: „Denn objektiv geseh’n ist diese Story total kitschig / aber trotzdem ist mir die Moral wichtig“. Nicht abzustreiten ist jedoch gerade bei diesem Track die von Samy zur Perfektion beherrschte Kunst des Geschichtenerzählens.

Er scheint die grüne Brille abgelegt zu haben, prangert kritisch den deutschen Sozialstaat an (“Wer Wird Millionär“) und hört man sich das Album im ganzen an, wird schnell klar, dieses ist nicht nur raptechnisch eine Steigerung zum Vorgänger DIS WO ICH HERKOMM, sondern wohl Samys persönliche Auseinandersetzen mit seinem Leben. Im ungewöhnlich melancholischen “Eines Tages“ reflektiert der Rapper seinen bisherigen Werdegang, der trotz stetigem Erfolg nicht zu seinem persönlichen Glück führte und in “Allein“ outet sich Samy Deluxe als heimlicher Einzelgänger. Generationsübergreifende Thematik dann in den beiden Songs “Doppelt VIP“, der von der Sehnsucht nach seinem Sohn und der Wichtigkeit des Vaterseins handelt, und in “Vater Im Himmel“ verarbeitet er den Tod seines Vater, quasi eine Fortsetzung von “Vatertag“. Eine umgekehrte Fortsetzung. Ganz im Stile des Konzeptes des Albums, „dass alles auf Kontrast basiert“ (“Unbeschriebenes Blatt“).

Dass das Album 16 Tracks stark ist, ist wohl die einzig geltende Erklärung, warum die Bonustracks nicht auf dem regulären Album mit vertreten sind, sind diese doch im Ranking ganz sicher alle im oberen Drittel mit vertreten und gerade “Höhenflug“ lässt einen bei diversen Textpassagen nur zu oft breit grinsen: „Achten Sie bitte beim Öffnen der Gepäckablagen auf die extrasmarten Textpassagen“.

VÖ: 29.07.2011; Capitol / EMI

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