Sie mag den Winter, dieses funkelnde Mädchen. In den Wäldern Wisconsins aufgewachsen und mit den familiären Wurzeln in Russland mag sie den Winter, weil er außen kalt und innen warm ist. Ganz übergreifend betrachtet, man kann sich ja schließlich das Seine aus dieser Aussage ziehen. Sie ist auf jeden Fall einer dieser besonderen Teenager, die sich nicht der Langweile hingeben und über die dann irgendwelche Bücher mit so eigenartigen Titeln wie „Generation Wodka“ geschrieben werden, denn Zola Jesus ist anders und Zola Jesus hat schon so einiges vorzuweisen. Das erste im heimischen Wohnzimmer aufgenommene Album THE SPOILS im Jahre 2009, Demos auf Myspace, etliche EPs, Zusammenarbeit mit den Former Ghosts, Auftritte im Vorprogramm von Fever Ray und The XX.
Wenn man das alles so hört, fragt man sich unwillkürlich, was man selbst mit Anfang 20 denn wohl getrieben hat. In einem lichtem Moment. Und wo all die lichten Momente herkommen mögen.
Aber genau das ist womöglich das große Geheimnis um derart geheimnisvolle Künstler zeitgenössischer Avantgarde wie Lykke Li oder Bat For Lashes zum Beispiel. Und zugegeben, in vielerlei Hinsicht erinnert Miss Jesus an eben diese zwei Damen, zaubert ein verschmitztes Grinsen auf die Lippen und lässt kurz voll innerer Freudestrahlen an die Schwedin und an die Britin denken. Doch aufgemerkt! Denn kopiert wird hier ganz und gar nicht. Nika Roza Danilova, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, hat ihren eigenen Stil, mit 22 Lenzen, ihrem neuen, sicherlich den endgültigen Durchbruch bedeuteten Album CONATUS und mit dieser unverkennbaren Stimme, auf die die halbe Welt gewartet hat.
Synthiemomente, die einen ziehen und zwar in ungeahnte Bereiche und dann ganz plötzlich wieder ablassen, einen fallen lassen und von diesem bezaubernden Organ nur auffangen lassen.
Ein bisschen Pop, den kann man heraushören, doch es ist Pop, so wie er sein sollte. Mit Klavier, Schlagzeug, Streichern und Kontrabass. Und untermalt mit dieser verzweifelten, lichtsuchenden, hoffnungssuchenden, leeren und dennoch so explosiven Aura, die über Danilovas Stimmbänder zum Äußersten, zum Hörer transportiert wird.
Mitunter ist es zwar etwas schwer wirklich zu verstehen, was sie lyrisch da zum Besten gibt, aber irgendwie kann man sich fast sicher sein, dass es hoch intellektuelles, gefühlvolles Zeug ist.
Auch wenn man es verbal nicht ausmachen kann, sondern eher andere Dinge für sich und seine Zola-Empathie sprechen lässt; Gänsehaut, tränendicke Augen oder abstehende Unterarmhärchen zum Beispiel.
Wenn Lieder auf CONATUS besonders hervorzuheben sind, dann sind das exakt alle. Irgendwie ist ein Track besser als der nächste und der davor großartiger als der letzte und und und. Hier sollte man tatsächlich alles was man hat über Bord werfen und höchstens eine Schwimmweste noch umschnallen, sich dann aber schleunigst in diese unbekannten Gewässer wagen. Bereuen kann man es gar nicht, auch wenn es bei dem einen vielleicht etwas länger dauert, bis die Holztür auftaucht, an die man sich klammern kann.
Aber Zola trägt einen dann über die Wellen ihres künstlerischen Outputs wieder sicher nach Hause, dort wo das Herz ist, oder zumindest da, wo es mal war.
VÖ: 30.09.2011; SouterrainTransmissions
Tracklist:
01. Swords 8/10
02. Avalanche 8/10
03. Vessel 8/10
04. Hikikomori 9/10
05. Ixode 9/10
06. Seekir 9/10
07. In Your Nature 9/10
08. Lick The Palm Of The Burning Handshake 7,5/10
09. Shivers 10/10
10. Skin 10/10
11. Collapse 8/10
Durchschnitt: 8/10
Gesamteindruck: 9/10
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