Die kalte Witterung scheint der Konzertlaune derzeit nicht gut zu tun. Krankte schon der Auftritt von IsTropical genau eine Woche zuvor an gleicher Stelle an den spärlichen Besucherzahlen, sehen sich Blood Orange und das Chris Taylor (Grizzly Bear)-Sideproject CANT vor ähnliche Probleme gestellt. Dennoch: Das Programm wird planmäßig durchgezogen und bietet für beide Seiten Platz für positive Überraschungen.
Zum Warm-Up präsentiert sich Devonté Hynes alias Lightspeed Champion alias Blood Orange als moderner Alleinunterhalter: Androgyn klingender Gesang, Gitarre, Synthesizer und die Drums vom mitgebrachten Macbook bedient er in Personalunion. Der Texaner britischer Herkunft hat nicht nur Ende August als Blood Orange sein erstes Album COASTAL GROOVES veröffentlicht, sondern zelebriert vor allem in charmanter Reduziertheit die 80er-Jahre. Gesang und Instrumentenspiel sind roh und unperfekt, überzeugen aber mit soulbehafteten Melodien und einem Gefühl für knackige Grooves. Songs wie „Forget it“ und „The Complete Knock“ erinnern in manchen Momenten gar an eine minimalistische Version eines frühen Michael Jackson.
Nach einer kurzen Pause geht es für Hynes direkt weiter, unterstützt er Headliner CANT bei der Performance des Albums DREAMS COME TRUE doch anschließend mit seinen Gitarren- und Basskünsten. Taylor und Hynes tauschen dabei in schöner Regelmäßigkeit Gitarre und Bass, während die Drums des Kele-Okereke-Lookalikes am Schlagzeug unerbittlich nach vorne preschen und die Effekte nebenher wummern. Die Musik verspielt, aber dennoch ähnlich minimalistisch wie zuvor und erinnert in ihrem antiklimaktischen Aufbau an The xx. Alle Musiker zeigen sich hochgradig vertieft in ihre Instrumente, Taylor aber lässt trotzdem mehrfach sein sympathisches Lächeln aufblitzen und zieht das Publikum auf Songs wie „Believe“ und „Band“ in seinen Bann. Eigentlich wäre hier eine gemütliche Wohnzimmeratmosphäre mit prasselndem Kamin und lauschigen Sesseln angebracht, keine karge ehemalige Industriehalle, die nur überschaubar gefüllt ist.
Dennoch: Die Zugabe nach nicht ganz einer Stunde Spieldauer wird mit voller Überzeugung von den anwesenden Gästen eingefordert und von CANT auch mit sichtlicher Zufriedenheit auf die Bühne gebracht. Es muss halt nicht immer großes Tamtam sein, um zu überzeugen.
Foto: Bek Andersen
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