Man stelle sich die musische Definition von abgespaced vor, Maskenballatmosphäre mit verwischten, farbprächtigen Erinnerungslücken, verwirrende Ruhe, unheimliche und doch ziemlich interessante Kostümierungen von schrägen Personen, Katzen die sprechen und Goldfische die Türen öffnen können. All das ist irgendwie Mickey Moonlight. Rhythmisch und dennoch vollkommen unstimmig. Gutgelaunt und hochdeprimierend. Der britische Producer schafft, was halt nur Exzentriker schaffen. Seltsam, dass sein Debüt AND THE TIME AXIS MANIPULATION CORPORATION über Ed Banger erscheint, denn selbst Laien würden das Gesamtkunstwerk eher bei Warp einordnen. Man lehnt sich zurück und kann sich schon in im ersten Drittel der Platte erschreckend gut entspannen sowie auch erschreckend gut einfinden in diese Parallelwelten, denen hier musikalische Landkarten gemalt werden. Für sein großes Projekt mit dem langen Titel (wofür ihn jetzt schon jeder CD Verkäufer hassen sollte), hat sich Mister Moonlight auch große Artisten mit Indie Rang und Namen ins Boot geholt. Mit von der Partie ist unter vielen, vielen anderen zum Beispiel die Hälfte des New Young Pony Clubs, Twin Shadow himself sowie Marina Gasolina (wunderschön in “We’ll Meet Again“), die den extravaganten Stücken ihre Stimmen und Einfälle leihen.
„Interplanetary music“ (gleichzeitig der bewegungsanimierende und passagenweise an die Bill Cosby Show erinnernde Einstieg ins Album) mit Mickey Moonlight, der die Erdmenschen übrigens auch schon als Mike Silver versucht hat zu bekehren. Gekoppelt mit spacigen Samples, spacigen Textinhalten und überhaupt, auch einem sehr spacigen Erscheinungsbild. Wahrscheinlich hat ihn irgendjemand von da oben in einen space hero suit gesetzt, festgeschnallt und ihn beauftragt mit einer Mission, die uns noch nicht ganz so schlüssig ist. Aber mit mehrmaligen Hören von AND THE TIME AXIS MANIPULATION CORPORATION ganz schnell schlüssig wird. Man sollte nur aufpassen, dass einen der Moonlightsog nicht zu sehr vereinnahmt und man plötzlich in bunten Wallewallekleidern wieder erwacht. Irgendwann 1973.
Die 16 Songs sind kurz und knackig, logisch, wo wir doch hier in Lichtgeschwindigkeit rechnen, des Probehörens absolut und mehr als würdig, manchmal tanzkompatibel (“Close To Everything“) und meistens marsmondvenusdschungelverträumt (“Pelu Tolo“). Immer auf jeden Fall schlagen sie mit der Härte eines Meteoriten –zumindest gedanklich- in unser Sonnensystem für Musikverständnis ein und das, obwohl die Tracks mitunter schon mehrere Jahre alt sind. Nun ja, wer nebenher Remixe für Justice, Munk und Acid Washed zaubert, hat eben keine Zeit, den ganzen Tag in seinem Raumschiff rumzucruisen um Science Ficition Pop (“Changalaxy“) am Himmel wie Sterne erscheinen zu lassen.
AND THE TIME AXIS MANIPULATION CORPORATION ist eine Erstveröffentlichung, die vielleicht keinen Platz in den Charts, wohl aber in unseren Köpfen erklimmen wird. Durch Andersartigkeit, Cyberstyle und großer Relaxqualität behauptet sich Mickey Moonlight tadellos und funkelnd wie der Polarstern selbst. Oder um es als Parole kurz zu machen: Space! Space! Space ! (“The Curse Of Greyface“)
Herzlichen Glückwunsch ans Universum!
VÖ: 25.11.2011; Ed Banger / WMG
Tracklist
01. Welcome Aboard 7/10
02. Interplanetary Music 7/10
03. This Son Is Coming Up 8/10
04. Pelu Tolo 8/10
05. Close To Everything 9/10
06. Changalaxy 7/10
07. A Big Ship Passing 7/10
08. Music For Responsiblereprogenetics Public Service Broadcast 8/10
09. We’ll Meet Again 9,5/10
10. Music For Love Drone Advert 6/10
11. Simulation Crocodile Skin Handbag 8,5/10
12. The Curse Of Greyface 8/10
13. Diamonds In The Mind Of Talula 8/10
14. Anywhere 6,5/10
15. Buckaroo Banzai 7,5/10
16. Come On Humans 5/10
Durchschnitt: 7,5/10
Gesamteindruck: 8,5/10
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