Nun erscheint endlich der unter seinesgleichen heiß erwartete Nachfolger AUDIO, VIDEO, DISCO und schon der erste Eindruck erweckt die starke Vermutung Audio, ja. Video, ja. Aber Disco? Nee, eher nicht so. Zu Recht. Justice nehmen sich in ihrer aggressiv tanzbaren Instrumentalisierung der Tanzflächenkracher ausgesprochen zurück und scheinen eher an die musikalischen Konzepte erfolgreicher Kollabos beziehungsweise Remixe wie Simians “We Are Your Friends“ anknüpfen zu wollen. Die zwei geben sich zwar experimentell und fördern zeitbedingte Ohrwürmer (“Civilization“), aber Grenzen durchbrechend sind sie leider nicht mehr; sie sind, mit Verlaub, irgendwie im absoluten Pop angekommen. Da man, wenn man plötzlich einen Song zu einer Adidas-Reklame beisteuert, sich seiner Polarisierung bewusst sein sollte. Justice scheinen ziemlich selbstreflektiert an die Sache ranzugehen, nicht umsonst ist nun ein Album wie AUDIO, VIDEO, DISCO erschienen. Eines, das jeden, der “Waters Of Nazareth“ als entspannten Zappeleinstieg ins Wochenende ansah, vor Schreck aus den Latschen kippen lässt. Xavier De Rosnay, der 50 Prozent des Duos ausmacht, beschreibt den roten Faden dieser Veröffentlichung als „Disco Oper“, in der es von gechillt über aufgedreht bis massentauglich langt. „Weich und gewalttätig zugleich“. Schade nur, dass das bei Justice nicht so recht funktionieren will, die Jungs hätten sich dann doch für eines der beiden Adjektive entscheiden sollen.
Natürlich ist wie früher auch hier nicht alles schlecht, immerhin haben wir wieder einen Track (“Canon“), der an alte CROSS SYMBOL-Zeiten erinnert und dem genau wie damals “Phantom“ ein eigenes Intro von 27 Sekunden gebührt. “New Lands“ ist beispielsweise wunderbar progressiv rockig und erinnert mitunter, wie nebenbei bemerkt auch ein paar andere Songs auf AUDIO, VIDEO, DISCO, stark an die 70er Jahre und den prägenden Stil, die jene hervorgebracht haben.
Im Gesamtbild ist die Luft aber einfach zu schnell raus. Man wird den bösen Gedanken einfach nicht los, dass man hier den Fall des Benjamin Buttons der europäischen Musikszene auf die Schliche gekommen ist. In der Entwicklung eben eher rückschrittlich.
VÖ: 28.10.2011; Ed Banger / WMG
Tracklist:
01. Horsepower 5,5/10
02. Civilization 7/10
03. Ohio 5/10
04. Canon (Primo) 7,5/10
05. Canon 8,5/10
06. On’n’on 6/10
07. Brianvision 7/10
08. Parade 6,5/10
09. New Lands 7/10
10. Helix 6,5
11. Audio, Video, Disco 6/10
Durchschnitt: 6,6/10
Gesamteindruck: 6/10
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