Jeder Künstler, der in den letzten Jahren mit dem Trend surfen und eine hippe Sängerin an Bord haben wollte, kam an der talentierten US-Amerikanerin nicht vorbei. Die Rede ist von Santi White alias Santigold (früher: Santogold), deren Hit „Disparate Youth“ gerade nicht nur die Werbewelt, sondern auch die internationalen Hitparaden unsicher macht.
Und „disparate“, also komplett verschieden, sind die Besucher ihres Konzertes durchaus. Da grüßt die junge Hipsterjugend schon mal den typischen Hiphop-Fan und nebenan direkt auch den musikalisch wenig differenzierten Mitt-50er. Entsprechend gemischt sind auch die Reaktionen auf Theophilus London, den Supportact. Der Rapper aus New York legt samt Band eine lupenreine Retro-Show hin, mit Anglerhut, Goldketten, Sonnenbrille und Skinny Jeans. Dennoch ist die Reaktion auf seine bekanntesten Songs „Why Even Try“, „Girls Girls $“ und „I Stand Alone“ eher verhalten, erst Richtung Ende des rund 45-minütigen Auftritts regt sich das Publikum, um sich langsam in Stimmung für Santigold zu bringen. Ob es auch damit zu tun hat, dass mehrere Mitglieder der Band inklusive Frontmann mittlerweile mit nacktem, durchtrainierten Oberkörper auf der Bühne stehen, ist nicht bekannt.
Dann aber wird es Zeit für Ms. White, flankiert von drei Musikern mit weißen Perücken und zwei bunt gekleideten Begleittänzerinnen/-sängerinnen mit stoischem Gesichtsausdruck und Sonnenbrillen, die sie im Verlauf des Konzertes auch zu keiner Zeit absetzen. Den Startpunkt ihres Auftritts setzt „GO!“, gleichzeitig auch der Opener ihres aktuellen Albums MASTER OF MY MAKE-BELIEVE, gefolgt von „L.E.S. Artistes“, passenderweise der Opener ihres Debüts SANTOGOLD. Anstatt also gemächlich zu beginnen, legt eine grundsympathische und nahezu dauerlächelnde Santigold direkt ordentlich los und bringt mit ihren Tänzerinnen immer wieder Tanzeinlagen auf die Bühne, als wolle sie der tags zuvor in Köln gastierenden Madonna Konkurrenz machen. In kleinerem Rahmen, versteht sich, können doch weder die Hallengröße noch die Opulenz der Tanzchoreographie mit dem Vortag mithalten, selbst wenn die Bühnenkleidung mehrfach gewechselt wird. Dennoch verkündet Santi White nach einigen gespielten Songs freudestrahlend, dass sie an dem heutigen Abend ihre allererste Headliner-Show in Köln spielen dürfe. Das Publikum verhält sich über weite Teile jedoch unerwartet ruhig, scheint es doch vor allem auf „Disparate Youth“ und generell Songs mit hohem Mitsingfaktor zu warten. Die aber gibt es in dem Sinne nur bedingt, weder in Form der aktuellen Single „The Keepers“ noch der Jay-Z-Kollaboration „Brooklyn Go Hard“. Nach rund 80 Minuten ohne wirklich auffallende Pausen ist das reguläre Programm durch, es wird Zeit für die Zugabe. Eröffnet durch „Unstoppable“ wird es zuguterletzt mit „Shove It“, ursprünglich mit Kollege Spank Rock eingespielt, noch einmal textlich richtig schlüpfrig. Dennoch behalten die Fans, die abschließend in Scharen erlaubterweise auf die Bühne stürmen, ihre Finger noch bei sich. Und können so ein letztes Mal an diesem Abend noch das nachholen, was sie in den rund anderthalb Stunden davor, möglicherweise noch verpasst haben.
Bilder vom Konzert; Fotografin: Juli L.
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