Ein ereignisreiches Wochenende ist für all diejenigen rasend schnell vorbeigehuscht, die auf dem diesjährigen sechsten Dockville-Festival zu den Besuchern zählen. Die Rede ist von drei Tagen mit vollem Programm und rund 140 Artists sowie acht unterschiedlichen Locations. Neben vielfacher Musikstilrichtungen, die sich von Indie-Rock-Pop, Folk, Singer-Songwriter bis hin zu Indietronica erstrecken, ist das Thema Kunst genauso umfassend in das Festivalprogramm integriert. Es sind die zahlreichen Installationen und Bauten inmitten des Docks-Dörfchens, die für das gewisse Extra sorgen. Das begleitende Kunstcamp bietet eine Plattform für Künstler aus aller Herren Länder, das bereits zwei Wochen vor dem Startschuss des Festivals besucht werden kann. Das Motto sobald man die HP vom Dockville betritt lautet ganz schlicht aber treffend: Ein Sommer für Kunst und Musik.
Die beiden Themen werden ganz klar auf dem Festival vereint. Und gerade das ist es auch, was das Dockville zu dem werden lässt, was es ist: Ein kreativer Treffpunkt interessanter Künstler, Musiker, Dichter, Denker, Zuhörer und stylischer Menschen,… wie auch immer. Es ist ein in sich stimmiges Konzept, dass das Potential besitzt, die kleinen Missstände künftig zu schließen und das ganze Projekt in sich abzurunden. Abrunden ist genau das Stichwort. Es gilt, das Matsch-Desaster des letzten Jahres, das eine kleine Katastrophe hervorbrachte, gerade zu bügeln. Ob das Wetter allein daran Schuld gewesen ist, dass man sich durch Modder seinen Weg bahnen musste, sei dahingestellt. Dementsprechend groß ist das Interesse in diesem Jahr gewesen, ob sich die schwitzigen Gummistiefel für drei lange Tage, als die größten Freunde erweisen werden oder nicht. Kurz und knapp: Die Gummistiefel dürfen zu Hause bleiben. Denn das perfekte Wetter mit Top-Temperaturen, die einem sogar richtig zum Schwitzen bringen hält auch an diesem Wochenende Einzug. Auch sicher kein leichtes Unterfangen für die Künstler auf der Bühne, die sich das ein oder andere Bühnenoutfit womöglich etwas luftiger gewünscht haben.
Um auf die Künstler zu kommen, denn diesen gebührt dieser Artikel auch im großen Maße. Diese sind es, die das Dockville in Hamburg erst zu dem machen, was es ist. Auch in diesem Jahr haben sich viele, die sich in der Musikszene bisher einen Namen gemacht haben und welche die es sich noch wünschen, wieder eingefunden, um der überaus schönen Hafenstadt einen Besuch abzustatten. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die vielen Dj-Sets, die an diesem Wochenende bis in die späten Abendstunden einem die Nacht versüßen. So gesehen dürfte für jeden Besucher etwas dabei sein, bei einem Zeitplan, bei dem man nicht schlecht staunt, wenn man sich diesem en detail widmet. Man verliert fast den Überblick bei so viel Angebot. Und genau das ist das Problem. Da steht man vor der Aufgabe möglichst viele der vielen hochgradigen Acts in diesem Jahr an nur drei Tagen vorstellen zu wollen. Schwer machbar. Es muss im Vorfeld leider eine Feinauswahl getroffen werden. Die da heißt …
One Million Steps sind es, die das Festival eröffnen. Die bis dato noch nicht so bekannte Band kommt mit viel Leidenschaft im Gesang und Lokaltpatriotismus pur. Gemäß eines Ihrer Titel „… Being At The Ostseebad“ fröhnen sie ihrer Heimat. Ein Schritt in die richtige Richtung machen auch I Am Oak. Die sympathischen Holländer sind froh auf der Bühne zu stehen und genießen spürbar wirklich jeden Augenblick und spannen sogar das Publikum mit ein, indem zwischen jedem Break Fragen aus dem Publikum beantwortet werden.
Dear Reader ist da noch einen Stück persönlicher, indem sie ohne Scheu mit dem Publikum direkt kommuniziert. Die aus Südafrika stammende Sängerin bereichert mit ihren sehr feinfühligen Songs nicht nur Soundtracks vieler Filme, sondern auch die vielen extra eingetroffenen Besucher vor der großen Hauptbühne. Ihre Musik kommt an. Kurz bevor Dear Reader die Bühne verlässt, spielen auch schon The Darkness Falls und Sleep Party People nebeneinander her. Es ist nicht so, dass der Musikhall der einen Bühne, den der anderen mit ihrem Sound überschattet oder gar einnehmen. Nur ist man während des gesamten Festivals dazu gezwungen sich musikalisch festzulegen und sich auf Wanderschaft zu begeben. Und viel Zeit bleibt nie zwischen jedem Act. Laut Timetable ist es allerdings machbar, die Headliner am späten Abend mit nur kleinen Überschneidungen einzeln zu begutachten. Dazu wandelt man schließlich nur zwischen der Groß- und der Vorschot hin und her. Die Schot mit der Bedeutung des Zipfels eines Segels sind die zwei Hauptbühnen des Festivals. Dort spielen an jenem Abend Maximo Park, Hot Chip , Frittenbude sowie Apparat Band.
Den einzigen Act, den man im Vorfeld frei und ohne jeden Zugzwang für sich genießen kann ist We Have Band. Vielleicht nicht ganz ohne Hintergedanken. Ternion heißt das derzeitige Album, das quasi fast komplett an diesem Abend zum Besten gegeben wird. Ein tanzwütiger Stimmungsgarant. Eigentlich genau das richtige um den Startschuss für den Abend frei zu geben.
Nach Prime Time spielt der große internationale Act des Abends. Die britische Indie-Rock-Band Maximo Park sind zu Gast. Ein Act, der lange Zeit eher mit Abwesenheit glänzte. In diesem Jahr haben sie ihr neues Album veröffentlicht und sind so gesehen wieder am Start, nach gewohnter Manier. Tausende Fans haben sich vor der großen Hauptbühne eingereiht, um ihrem rockigen Sound und einer 1-a-Bühnenshow zu folgen. Allerdings haben sich augenscheinlich genauso viele fast zeitgleich bei Frittenbude eingefunden. Ab diesem Zeitpunkt wird das Ausmaß der Anzahl aller Festivalbesucher sichtbar und deutlich spürbar. Der Platz reicht gerade aus, um alle versammelten vor der Vorschot ausreichend Sicht auf die Budenbesitzer der heißen und fettigen Kost zu bieten. Mit Tier-Maskottchen der Kategorie: „Sind die süß“ im Gepäck meistern die frivolen und scharfzüngigen Jungs gekonnt den Abend. Und das auf ihre ganz eigene Art. Ein explosives Stimmungsfeuer mit extrovertierten Elektro-Punk mit Sprechgesang. „Alle Mann Mittelfinger hoch auf die Esoterik“ ist nur eine schwer spaßverdächtige Aufforderung des Abends an die breite Masse. Weniger Witzgranate, dafür aber ebenfalls eine Talentgigant, ist Apparat inklusive Band, wie es nun heißt. Der Mann weiß was es heißt, mit guter, synthetischer, elektronischer Mukke zu überzeugen. Dieses hat Sascha Ring in letzter Zeit nicht nur auf dem ein oder anderen Festival bewiesen, sondern auch in dessen bisherigen Projekten, wie mit Moderat gezeigt. Songwriter, Musiker an Gitarre und Keyboard, gefeierter Technoheld: Ein Allrounder halt und obendrein Musik die sich sehen lassen kann. Nicht nur auf Festivalbühnen.
Der erste Abend neigt sich dem Ende zu. Nicht, dass Dirty Disco Youth und Off-Will, die in einer bewussten, sehr düster gehaltenen Darbietung auf der Bühne mit akzentuierten aber wenigen Lichtquellen ihren Beitrag zu einem sehr ereignisreichen Abend leisten würden. Wie bereits gesagt, müsste man an dieser Stelle viel zu weit ausholen um jedem Musiker gerecht zu werden. Der zweite und dritte Tag verspricht trotzdem noch vieles mehr und macht neugierig auf die Acts der großen Stunde. Alle Augen auf für James Blake, Metronomy, Purity Ring usw. – die Liste ist lang. Dazu mehr im zweiten Bericht.
Einige Impressionen von dem Festival Tag 1:
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