„We Are Hawkins Brothers“ lautet die Ansage an das Kölner Publikum am Dienstagabend bei Konzertbeginn. Und da stehen sie Hand in Hand, die Hawkins-Brüder. Doch wieder vereint nach einem Streit, der die Band The Darkness vor sieben Jahren zerbrechen und in der Versenkung verschwinden ließ. Mit den zwei übrigen Bandmitgliedern der Originalbesetzung und den Songs aus dem Comeback-Album HOT CAKES treten sie in der Kantine an, um sich als die wohl durchgeknallteste Glamrock-Band mit unfassbarer Entertainment-Qualität wieder ins Gedächtnis zu rufen.
Mission erfüllt. Soviel schon mal vorab. Was vor allem an Frontmann Justin Hawkins liegt, der optisch allein durch sein Outfit, einem schwarz-weiß gestreiften Einteiler, besticht. Obenrum ein Hauch von nichts, der Mann braucht Bewegungsfreiheit. Für den breitbeinigen Sprung vom Drumpodest oder den Handstand auf selbigem zum Beispiel. An zahlreichen artistischen Einlagen soll es an diesem Abend nicht fehlen. Da scheint das Repertoire nahezu unerschöpflich. Nur einmal gerät der 38-Jährige doch an seine Grenzen. Nach gepflegter Konversation mit dem Publikum und einem Fuß auf dem Bühnenrand, dem anderen auf dem Absperrgitter des Fotograbens, muss er Bassist Frankie Poullain bitten, ihm „anmutig auf die Bühne zurück zu helfen“ – um sich anschließend weniger anmutig selbst mit dem Mikrokabel einzuwickeln. Musikalisch ist es eine Reise durch 70er- und 80er-Jahre-Rock. Neue Songs wie „Every Inch Of You“ knüpfen nahtlos an ältere Stücke wie „One Way Ticket“ und „Friday Night“ an. Dass ein Unterscheid zwischen den unterschiedlichen Schaffensperioden nicht unbedingt zu hören ist, stört gerade niemanden. Irgendwie hat die ganze Sache ein bisschen was von „Wayne’s World“. Hier zeigt man noch Wertschätzung für die an sich schon abgegriffensten Rock’n’Roll-Posen neben ausgedehnten Gitarrensoli. Es gehört sich schlicht, jedes einzelne von ihnen ordentlich zu feiern.
Der Spaß gipfelt nach gut einer Stunde – vorläufig – in „I Believe In A Thing Called Love“, doch die Band lässt es sich selbstverständlich nicht nehmen, den Kölnern mit den Zugaben noch einmal ganz deutlich zu zeigen, dass sie die Könige des Entertainments sind. Da wird Justin Hawkins bei „Love On The Rocks With No Ice“ auf den Schultern des Security-Manns durch die Kantine getragen (mit Gitarre wohlgemerkt) und zeigt anschließend größtes Vertrauen in die deutsche Bühnenkonstruktion, als er in Fledermaus-Haltung kopfüber an der Lichttraverse hängt. Respekt. Auch für eine grandiose stimmliche Leistung. Was das Publikum mit scheinbarer Leichtigkeit und Unbedarftheit für über 90 Minuten in eine knallbunte Seifenblase entführt, bedeutet verdammt harte Arbeit. Klar wird das erst so richtig, als die Seifenblase der nasskalten Realität draußen weicht. Das ist die Kunst.
Setlist:
Every Inch Of You
Black Shuck
Growing On Me
She Just A Girl, Eddie
One Way Ticket
Nothin’s Gonna Stop Us
Get Your Hands Off My Woman
Love Is Only A Feeling
Friday Night
Concrete
How Dare You Call This Love?
Givin‘ Up
Stuck In A Rut
I Believe In A Thing Called Love
The Best Of Me
Street Spirit (Fade Out)
Love On The Rocks With No Ice
Fotos: Julia Laacks
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