Digitalism sind neben Justice und anderen Vertretern die Überflieger in der elektronischen Musiklandschaft. Mit ihrem prägenden Sound aus Rockeinflüssen und explosiven Elektrobeats sprengen sie jegliche Genre-Grenzen. Das erfolgsverwöhnte Hamburger Duo bereichert sonst Festivals wie auch Clubs in den heiß begehrten Metropolen dieser Welt mit ihren Dj-Sets. Und heute hat die Stunde für einen ganz besonderen Gig geschlagen.
Die Veranstaltungsreihe Tonfrequenz bietet junge Töne für elektronische Musikliebhaber in der Tonhalle Düsseldorf, in der sonst große Orchester spielen. An diesem Abend laden die Veranstalter Jens Moelle und Ismail Tüfekci in die Rheinmetropole nach Düsseldorf und holen diese zurück in heimischere Gewässer. Lange hat man auf einen Auftritt in dieser Form warten müssen – um 23:00 Uhr ist es endlich soweit und der Startschuss fällt.
Das junge DJ-Duo False Friends übernimmt von Beginn an die Kontrolle über die Mischpulte und gibt sich alle Mühe, die bis dato wenig angereisten Besucher einzuheizen. Ein wenig schleppend verhält sich die erste Stunde, denn es will nicht so recht gute Stimmung aufkommen. Das aber liegt keineswegs an den Dj-Qualitäten: Ihre Remixe sind einfallsreich bis verrückt und vor allem gepaart mit basslastigen Beats bekannter Hits. Kein Grund also, nicht mitzuwippen. Vielmehr ist die Leidenschaftslosigkeit dem Umstand geschuldet, dass die versammelte Meute untergeht in den runden Gemäuern der riesig wirkenden Tonhalle.
Geschlagene eineinhalb Stunden später ist die Stimmung eine ganz andere. Man stößt auf Tanzfreude gepaart mit vorfreudigen Genuss auf einen vielversprechenden Abend, der sich nahezu auf allen Gesichtern aller Anwesenden abzeichnet. Digitalism machen Musik für die Tanzfläche. Als diese gegen 1:00 Uhr das DJ-Pult betreten und mit einem reibungslosen Übergang ihre Vorgänger ablösen, kocht die Stimmung. Das Motto des Abends könnte demzufolge auch lauten: „Einfach mal ordentlich abrocken und abzappeln“. Ausnahmslos alle auf der Tanzfläche geben sich den wummernden Beats von Moelle und Tüfekci hin. Das geballte Stimmungsfeuer erreicht erst kurz vor Schluss seine Höchsttemperatur, als die Klassiker „Zdarlight“ und fast gegen Ende „Pogo“ ertönen. In diesem Moment ist kein Halten mehr. Neben den Jubelfanfaren wird gesprungen und geklatscht, ein Rausch-Bad in der Menge geht umher. Und all das passiert unmittelbar vor den Augen der beiden Elektro-Rocker. Nie war man so nah und so privat mit Digitalism vereint. Das haben sich auch sicher diejenigen gedacht, die schnell mal galant von der Seite des DJ-Pultes nach einem privaten Handy-Schnappschuss fragen. Auch über solch ein Erlebnis wird charmant hinweggelächelt, gemäß dem Albumtitel “I Love You, Dude“. Allerdings bietet eine solche exklusive Veranstaltung auch Vorteile. Die beiden Jungs haben mehr Freiheiten, in einem großen Zeitfenster das zu spielen, was ihnen obliegt, als sich einer selbstauferlegten Pflicht hingeben zu müssen.
Nach zwei Stunden gehen die Elektro-Rocker sichtlich erschöpft, aber zufrieden von der Bühne. Ähnliches Szenario wie auch schon zuvor: False Friends übernehmen erneut das Steuerboot und leiten das Spätabendprogramm ein. Die Manie hält trotzdem an, wenn auch vermehrt Besucher zu diesem Zeitpunkt völlig durchgebrannt nur noch den Weg nach Hause suchen. Wen wundert es. Ein toller Abend in einer genialen Location zieht an einem vorbei und hinterlässt bei den Verbliebenen einen Nachhall mit pumpenden Beats in den Gehörhängen, der sicher noch bis heute angehalten haben dürfte.
Fotos: JanvT
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