Ein glanzvoller Kreis an Menschen ist auch noch am Freitag, dem offiziell ersten Festivaltag, aus aller Ferne nach Diepholz gereist, sofern man den Autokennzeichen trauen darf. Für ein besonderes Festival mit einem so versierten Programm fällt die Anfahrt auch schon mal länger aus. Im Grunde genommen ist es wie auch in diesem Jahr eine Art Familientreffen, wobei die Programmpunkte ähnlich feiertüchtig, aber durchaus spannender sein dürften, als es auf Familienfesten zugeht.
Am Freitagnachmittag fällt der Startschuss; Mozes and the Firstborn laden dazu ein. Holländischer Indie-Post-Rock trifft wenig später auf experimentelle Elektro-Pop Klänge von der ersten EP-Ausgabe von Say Yes Dog. Besonders „Love U Back“ scheint von großer Beliebheit zu sein.Trümmer, ein junges Trio aus Deutschland, macht von ihrem Bandnamen Gebrauch und schmettert raus, was in ihren Bässen und Drums steckt. Es ist mehr als nur ein Schülerbandprojekt, da die Band mit Sänger Paul Pötsch ihr Gespür für guten Indie-Gitarrenrock und deutschsprachige Texte (aka die Königsdiziplin) beweisen. Ansonsten sind sie im Netz so gut wie gar nicht auffindbar. Mag daran liegen, dass sich die Truppe erst im April formiert hat. In jedem Fall dürfte die Fangemeinde nach ihrem Auftritt um einige hundert Mann gewachsen sein.
Käpt’n Pen und die Tentakel von Delphi
Wenig später stehen Käpt’n Peng und die Tentakel von Delphi, einer der ersten von zwei Special Acts, auf dem Programm. Man darf sich die Interpreten wie folgt vorstellen: Fünf Herren mit gefiederten Tiermasken, die wortgewandten Berliner-Schnauze-Rap proklamieren. Robert Gwisdek ist Zoowärter und Wortakrobat in einer Person, der sowohl seine Truppe als auch das Publikum ganz gut im Griff hat. So gut, dass einstimmig, aus der Natur der guten Laune heraus, eine Zugabe gefordert wird. HONIG und Ewert And The Two Dragons betreten im direkten Schlagabtausch als nächste Acts die Bühne. Ohnehin gibt es beim Apple Tree Garden keine parallelen Konzerte, was zum Einen den Stress nimmt und zum Anderen Wohlgefallen bereitet. Gefallen hat auch der Auftritt von Honig, dessen Auftritt zahlreicher Aussagen zum persönlichen Favourite gehört. Der Düsseldorfer Stefan Honig genießt internationalen Erfolg mit seinem Singer-Songwriter Soloprojekt. Seine Tonfarbe ist gefühlsbetont und authentisch zugleich. Völlig über Genregrenzen hinaus schießt an diesem Abend das dänische Duo Rangleklods. Sänger Esben Andersen ist in seiner Heimat ein gefragter Dj aus der Elektroszene und bringt ein unglaublich tiefgründiges Klangvolumen in seiner Stimme mit. Nicht verwunderlich ist es also, dass bei fließenden Elektroklängen wild getanzt wird. Über die Tatsache, dass ein so großer Beifall vom Publikum ausgeht, zeigt sich Andersen Sichtlich verwundert und bedankt sich mehrmals dafür.
Honig
Ewert and The Two Dragons
Unglaublich gefühlvoll und mit untergehender Abendsonne im Repertoire präsentieren sich Efterklang. Bei jedem ihrer Auftritte verströmen sie eine unglaubliche persönliche Note mit ihrer sehr instrumentellen Klangvielfalt und insbesondere mit ihren Texten. Nicht verwunderlich also, dass Sänger Casper Clausen gleich mal nach dem ersten Song mit „Good Evening Apfeltown“ alle versammelten vor der Bühne begrüßt und „The Ghost“ ankündigt. Weniger emotional hingegegen knüpfen When Saints Go Machine an. Die Dänen werden zurzeit sehr gehypt und lassen in diesem Jahr kaum eine Festivalbühne aus. Leider ist das Vierergespann schon zu routinert unterwegs. Kein Lächeln gleitet ihnen übers Gesicht und keine großen Reden werden gehalten. Die persönliche Note fehlt.
Efterklang
Der Abend endet, wie er nur im Ansatz mit Trümmer begonnen hat. Laut, turbulent und chaotisch – mit Tänzern und reichlich Potential zum mitzappeln im Gepäck. Kakkmaddafakka, ihres Zeichens nun „erwachsener“ als eh und je, zeigen dennoch, dass sie zwar Profis sind, aber dennoch in ihnen jene verspielten Jungs stecken, die es lieben die tanzfreudige Meute vor sich anzutreiben. Ihr Vorhaben setzt die 12 oder auch mehr Mann starke Truppe auf der Bühne perfekt in die Tat um. Das DJ-Set mit Wasted Ruffians & Herr Lhmnn locken dann noch den letzten tanzhungrigen Mäulern das letzte bisschen Kraft und Tanzlust aus ihren Knochen. Bei allen anderen, die zu diesem Zeitpunkt bereits das Weite gesucht haben, dürfte der Zauber in der Luft, der sich in jedem einzelnen Gesicht mit einem Lächeln äussert, so lange anhalten, bis das Ganze ein Ende finden muss. Doch noch ist nicht aller Tage Abend. Der zweite Tag folgt.
Kakkmaddafakka
Fotos vom Festival: Juli L.
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