Ein wirklich gelungener Song ist Fluch und Segen zugleich, sofern man auf genau jenen Song festgenagelt wird. So geschehen am vergangenen Donnerstag bei MGMT, die in der Live Music Hall ihre „First Show of Tour“ bestreiten. Viele der dort anwesenden Konzertbesucher haben mit Sicherheit auf nur einen Song gewartet. Um nicht alles vorweg zu nehmen, nun mehr zu MGMT live und in Farbe.
Bis die stimmverzerrte Ansage aus der Konserve den Bandnamen verkündet, dauert es allerdings noch. Zuvor bekommt die New Yorker Band Guard die Chance, ihre Lieder dem Publikum zu präsentieren. Die Darbietung als Vorbote des mächtigen Management-Komplotts wird diesem bedauerlicherweise insofern nicht gerecht, als das der Gesang von zu lauten Bässen fast völlig verschluckt wird. Bei den letzten drei Liedern hat sich das Problem dann aufgelöst – das dauerhafte Schunkeln der Keyboarderin Kaylie Church (im weißen Kleidchen) stört allerdings sehr.
Nachdem nun der Bühnenaufbau einmal völlig auf links gedreht worden ist, findet man Andrew Vanwyngarden samt seiner fünfköpfigen Gefolgschaft vor sich. Nachdem die nicht weniger bekannten Lieder des ersten Albums relativ zu Beginn des Abends rausgehauen werden, geht es dann zu neuem Material über. Allerdings ist die Platte erst seit Mitte September draußen, weshalb sich die wenigsten mit den Songs beschäftigt haben dürften. Die New Yorker Herrschaften zeigen sich davon unbeeindruckt. Es wird in die tiefgründige psychedelische Sphäre eingedrungen. Übertrumpft wird dieser Zustand noch damit, dass sich alle zerzauselten Köpfe auf der Bühne vom Publikum abwenden, um ihre Jam-Session fortzuführen. Darüber scheiden sich die Geister. Der eine findet es gut, der andere wird hingegen von Müdigkeit übermannt. Die Kritik wird nur an der Stelle laut, wo der ein oder andere Abspann zu schwerfällig und langatmig wirkt. Grundsätzlich erhält man aber ein sehr angenehmes Gefühl eingeladen zu werden und in den Entstehungsprozess des neuen Albums einzutauchen. Ausgediegene, nächtliche Jam-Sessions haben mit Sicherheit sehr dazu beigetragen, dass das dritte Album nicht nervös, sondern ungewohnt ruhig geworden ist.
Zudem ist das gesamte Album vorab im Netz veröffentlicht worden. Scheinbar kann man auf den einen oder anderen Abverkauf getrost verzichten. Nicht verzichten will man hingegen auf die gewohnte bunte Showeinlage. Umrandet wird der Sound durch Animationen im Hintergrund.
Bunt geht es auch wenig später vor sich. Nachdem der weitere Song „Mystery Disease“ des neuen Albums ertönt, folgt das was kommen muss. Eine Zugabe und der Wunschsong „Kids“. Es wird gejubelt und das erste Mal am Abend das Tanzbein geschwungen. Dafür folgt eine deutlich längere Ausgabe des Songs. Und alle sind dann offensichtlich hocherfreut, als mit „Plenty Of Girls In The Sea“ die letzte Nummer des Abends ertönt. Auch wenn „Kids“ das Publikum die nächsten Jahre noch „belästigen“ wird – ganz wegzudenken ist der Song nicht. Immerhin hätten wir sonst keinen Anlass gefunden, über dieses Konzert zu schreiben gefunden. Und das wäre sehr traurig.
Fotos: Julia Laacks
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