Die Konkurrenz an diesem Abend ist groß, rocken Volbeat doch die Lanxess Arena in Köln, VNV Nation in Krefeld und die neueren Hasen Imagine Dragons das E-Werk. Das mag mit ein Grund sein, warum die Mitsubishi Electric Halle nur ca. 2/3 gefüllt ist, die oberen und hinteren Ränge sind mit schwarzen Vorhängen zugezogen. Ein weiterer könnte darin liegen, dass man Nick Cave und vor allem den Bad Seeds nicht mehr zutraut, so gut wie früher zu sein. Schließlich gingen nach und nach immer mehr Gründungsmitglieder der Bad Seeds über Bord, zuletzt Drummer Mick Harvey im Jahre 2009. Dass die Angst jedoch unbegründet ist, zeichnete sich schon bei der Veröffentlichung des aktuellen Albums PUSH THE SKY AWAY ab, denn es ist ein gutes und kraftvolles Album, das Kritiker und Fans positiv überraschte und zu gefallen weiß.
Doch bevor sich das Düsseldorfer Publikum davon überzeugen kann, gehört Shilpa Ray die Aufmerksamkeit. Gewöhnlich ist die Amerikanerin mit ihrer Band Happy Hookers unterwegs und dann kann es laut werden auf der Bühne, wenn Rock mit Punk-Einflüssen gespielt wird. Heute ist sie solo am Start und wirkt auf der großen Bühne etwas verloren. Nur mit einem indischem Harmonium gerüstet, lässt es sich natürlich nicht so rocken. Ihre Songs bekommen ein akustisches Gewand und wirken ruhig und zerbrechlich. Die Zuschauer in der Halle scheinen gespalten, es gibt weder Buh-Rufe vor Unmut noch mehr als höflichen Applaus. Ihr Handwerk beherrscht Ray durchaus, aber das Aufwärmen einer eh nicht gefüllten Halle gelingt ihr leider nicht.
Dann müssen das eben Cave und seine Band machen. Und wer Zweifel hatte, ob diese es noch bringen, der muss sich nach einer Weile beschämt eingestehen, sich geirrt zu haben. Die Show, die sie abliefern ist von so hohem Niveau, wie sie selbst hartgesottene Konzertjunkies nur selten erleben dürfen. Licht, Sound und Band sind perfekt aufeinander eingespielt und harmonieren grandios miteinander. Es dauert etwas, aber nach einigen Songs geben vor allem Cave und Warren Ellis an der Violine so richtig Gas und brillieren auf der Bühne. Immer zum passenden Zeitpunkt drosseln sie aber auch das Tempo, streuen Balladen ein und sehen bei den ruhigen Stücken verdammt gut aus. So glänzt Nick Cave bei „Into My Arms“ am Mikro und Klavier, bevor es dann wieder rockiger weitergeht. Die meisten Songs, insgesamt sechs, stammen zwar vom neusten Werk PUSH THE SKY AWAY, doch auch andere Werke finden Platz. Einzig und allein die reingebrüllten Titelwünsche von Leuten, die in Cave mal wieder ihren guten Kumpel sehen, trüben die Harmonie ein wenig und scheinen auch ihn selbst zu stören. Na gut, wenn man noch einen Kritikpunkt sucht, so fehlen im Programm einige Klassiker leider und einer den eingefleischten Fans wohl eher zum Glück: „Where The Wild Roses Grow“ erschallt in Düsseldorf nicht. Und was bei fast allen Konzerten die Stimmung sichelrich in den Keller sinken lassen würde, funktioniert bei den Australiern. Als allerletztes Stück gibt es einfach mal eine neue, noch unveröffentlichte Nummer und auch hier macht Caves Stimme einen guten Job. Nach rund zwei Stunden ist klar: Er und seine böse Saat kann es noch. Mindestens genauso gut wie früher.
Setlist:
We No Who U R
Jubilee Street
Tupelo
Red Right Hand
Mermaids
From Her to Eternity
West Country Girl
God Is in the House
Watching Alice
Into My Arms
Higgs Boson Blues
The Mercy Seat
Stagger Lee
Push the Sky Away
We Real Cool
Papa Won’t Leave You, Henry
Give Us a Kiss
Fotos: Julia Laacks
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Schönes Review! Leider hab ich das erst heute gefunden… Ich war dort, ein großartiger Abend! Aber Mick Harvey war nicht der Drummer der Seeds…