Galt Devonté Hynes auf seinem ersten Album unter seinem Pseudonym Blood Orange noch als multiinstrumentelles Unikum, so ist mit seinem zweiten Album der nächste logische Schritt geschafft. Schließlich hatte Hynes zu dem Zeitpunkt längst bewiesen, dass mehr in ihm steckt.
Die große weite Popwelt hatte schon Jahre zuvor – zu seinen Zeiten als Lightspeed Champion bereits – Notiz genommen von dem Briten aus London. Er produzierte Songs für die Chemical Brothers, Florence & The Machine und Beyoncé-Schwester Solange; zuguterletzt gar für Britney Spears, selbst wenn seine Produktionen es dann doch nicht auf das Album des skandalträchtigen Megastars geschafft haben.
Es ist sein Markenzeichen, auf seinen Alben Produzent und vielmehr Alleinunterhalter in einer Person zu sein. So war es auf dem 2011er COASTAL GROOVES, so ist es auch im Großen und Ganzen auch trotz einiger Gastmusiker auf CUPID DELUXE. Hynes spielt die Synthesizer, die Gitarre, die Drums, den Bass und singt dazu noch in seiner androgyn anmutenden, meist gehauchten Stimme. Dass er letztlich doch nicht alles in Eigenregie erledigt, kommt der Eingängigkeit des Albums zu Gute. Friends-Sängerin Samantha Urbani prägt einen Großteil der Songs mit ihrer Stimme und sorgt so für eine passende Wiedererkennbarkeit. Dafür kramt Hynes noch tiefer in seiner persönlichen 80ies-Schatzkiste: synthiegeschwängerte Lo-Fi-Produktionen treffen heruntergeschraubten Michael-Jackson-Disco-Appeal , Oldschool-Hiphop-Ambiente und einen leichten Hang zum Trash, der schon mal mit einem fast kitschig anmutenden Curtis-Stigers-Gedächtnis-Saxofon versehen wird.
Das ist beileibe kein R&B, der die große Bühne sucht, das Feuerwerk oder gar die Teddybären postpubertierender Mädchen. CUPID DELUXE ist die coole Nerd-Antithese des Hochglanz-Kaugummi-R&Bs, der mit Röhrenjeans, Rastazöpfen und Lederkappe einen Ausflug in die Disco wagt, aber erst um 4 Uhr morgens auftaucht und dann die frustrierten Singlefrauen hüftschwingend zum Stehblues auffordert, bevor die Lichter angehen. Kluge Sache, das.
Ohr d’oeuvre: You’re not good enough / It is what it is / Chosen / Always Let U Down
VÖ: 15.11.2013; Domino
Tracklist:
01. Chamakay
02. You’re Not Good Enough
03. Uncle Ace
04. No Right Thing
05. It Is What It Is
06. Chosen
07. Clipped On
08. Always Let U Down
09. On The Line
10. High Street
Gesamteindruck: 8/10
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