Die Ruhe nach dem Hype, oder wie La Dispute diese nutzten, um sich aus der Welle freizuschwimmen …
2010 schwappte eine Welle amerikanischer Bands über den großen Teich Richtung altes Europa, die bei den Leuten, die sich im klassischen Hardcore nicht mehr zu Hause fühlten und denen der der allgegenwärtige, wenig kreative Metalcore zum Halse raus hing, für größeres Aufsehen sorgte. Touché Amoré, Make Do and Mend, Defeater, Pianos Become the Teeth und eben La Dispute hatten was zu sagen und verpackten dies in energiegeladene Songs, die man in diesem Genre lange nicht mehr so frisch und mitreißend gehört hatte.
Die Shows der Bands in Garagen und autonomen Zentren waren in kürzester Zeit ausverkauft und alle, die diesen Konzerten beiwohnten, erzählen sich noch heute mit glänzenden Augen davon. Nun, gute vier Jahre später, legt eine dieser Bands, La Dispute aus Grand Rapids, mit ROOMS OF THE HOUSE ihren dritten Longplayer vor. Nachdem ihre letzte Platte WILDLIFE einer großen deutschen Musikzeitschrift beilag, ging das Interesse an der Band durch die Decke; die Erwartungshaltung gegenüber dem neuen Album dürfte dementsprechend hoch sein. Fans der ersten Stunde werden beim ersten Hördurchgang von RROMS OF THE HOUSE etwas enttäuscht sein, da die Entwicklung, die bereits vom ersten zum zweiten Longplayer zu erkennen war, fortgesetzt wird. Dabei hat Sänger Jordan Dreyer immer noch viel zu sagen. Dies kommt allerdings musikalisch nicht mehr so wütend in das Gewand kurzer, schneidender HC Songs verpackt daher, sondern musikalisch deutlich reduzierter, wenngleich nicht weniger eindringlich. Inhaltlich liegt der Fokus auf der Erkenntnis, dass beim Scheitern einer Beziehung nicht nur die Person fehlt, mit der man eine Zeit seines Lebens verbracht hat, sondern auch gemeinsame Erinnerungen oder vielleicht „nur“ die Gewohnheit, jemanden an seiner Seite zu haben, mit dem man diese Erinnerungen teilt.
Durch die Verkehrung des ausgewogenen Verhältnisses zwischen Musik und Text auf den Vorgängern hin zum leichten Schwerpunkt in Richtung Text setzen La Dispute auf ROOMS OF THE HOUSE konsequent fort, womit sie auf WILDLIFE begonnen haben. Dies wird vor allem Fans der ersten Stunde und Freunden von Bands wie Touché Amoré und Konsorten missfallen, da den neuen Songs die rotzig-punkige Seite fehlt. Nichtsdestotrotz zeigen La Dispute, dass der Hype, der um sie gemacht wurde, nicht unberechtigt war, da es sich um eine Band mit Substanz handelt, die mit ROOMS OF THE HOUSE ein Album vorlegt, welches sich erst nach mehrmaligem Hören erschließt, dann jedoch eine umso nachhaltigere Wirkung entfaltet.
Ohr d’Oeuvre: HUDSONVILLE MI 1956/ For Mayor in Splitsville/ Extraordinary Dinner Party
VÖ: 14.03.2014; Better Living/Staple Records
Tracklist:
01. HUDSONVILLE MI 1956
02. First Reactions After Falling Through the Ice
03. Woman (in mirror)
04. SCENES FROM HIGHWAYS 1981-2009 – 2009
05. For Mayor in Splitsville
06. 35
07. Stay Happy There
08. THE CHILD WE LOST 1963
09. Woman (reading)
10. Extraordinary Dinner Party
11. Objects in Space
Gesamteindruck: 7,5/10
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