Owen Pallett hat es nicht nötig, irgendwem zu gefallen. Er tut es trotzdem immer wieder – mit eigenständiger und komplexer Popmusik.
Owen Pallett möchte nicht gefallen. Dem Feuilleton gefällt das. In einem Interview mit DIE ZEIT ätzte er kürzlich gegen Radiohead und David Bowie, äußerte sein Unverständnis über Postrock-Konsensbands wie Godspeed You! Black Emperor und Sigor Rós, während er bei slate.com musiktheoretisch erläuterte, dass Lady Gaga und Kate Perry durchaus Musik machen und nicht nur Müll. Gleichzeitig ließ er sich von Franz Ferdinand und The National, aber auch von noch größeren Namen wie Pet Shop Boys, R.E.M., Robbie Williams und sogar –ähem– Linkin Park dafür bezahlen, dass er ihre Streichinstrumente arrangierte. Sympathiepunkte sammelt man damit nur bedingt, und so wunderte es auch nicht wirklich, dass er den großen Brian Eno, der auf seinem neuen Album mitwirkt, im Info frech als schwul outete. Ein Missverständnis, denn in Wahrheit war beim kumpelhaften Wörtchen „guy“ einfach nur der Vokal in der Mitte ausgetauscht worden. Einen Sinn ergab dieser Fauxpas der deutschen Presseabteilung für viele aber trotzdem, weil Pallett mit seiner sexuellen Ausrichtung sehr offensiv umgeht und in diesem Zusammenhang sogar postulierte, dass es „einen Zusammenhang zwischen subversiver Musik und in irgendeiner Weise nicht-normalen Musikern“ gebe.
Von all dem kann man ja halten, was man will, aber Palletts „Ich habe es gar nicht nötig, irgendwem zu gefallen“-Nummer endet spätestens dann, wenn man sich seiner Musik nicht mehr entziehen kann, weil sie einfach großartig ist. Schon seine bisherigen Alben (erst unter dem Namen Final Fantasy, ab HEARTLAND unter eigenem Namen) wussten zu gefallen, und seine Soundtrack-Kollaboration mit Arcade Fire für „Her“ von Spike Jonze brachte ihm nicht ohne Grund eine Oscar-Nominierung ein. Dass er studierter E-Musiker ist, hört man stets, aber U-Musik beherrscht er mindestens so gut wie seine oben genannten Brötchengeber, wenngleich seine Musik fürs Radio ein bisschen zu komplex sein dürfte. Sein neues Album ist dennoch zugänglicher als HEARTLAND. Es hört sich dabei weder modern noch altmodisch an, liegt nicht schwer im Magen, verpufft aber auch nicht einfach so. Komplexe Popmusik, die nie überfordert, aber immer nachwirkt. Klingen tut IN CONFLICT dabei wie immer vor allem nach – Owen Pallett. Der Mann ist ein Phänomen, aber das weiß er ziemlich sicher auch selbst.
VÖ: 23.05.2014, Domino
Ohr D’oeuvre: In Conflict / The Sky Behind the Flag / The Riverbed
Tracklist:
01. I Am Not Afraid
02. In Conflict
03. On a Path
04. Song for Five & Six
05. The Secret Seven
06. Chorale
07. The Passions
08. The Sky Behind the Flag
09. →
10. The Riverbed
11. Infernal Fantasy
12. Soldier’s Rock
13. →
Gesamteindruck: 9 / 10