Seien wir doch mal ehrlich – mit WHIPSPLASH SMILE hatte Billy Idol 1986 seinen Zenit bereits überschritten, und eigentlich war von diesem Album auch nur „Sweet Sixteen“ der Rede wert.
30 Jahre nach seinem unappetitlichen Auftritt bei Thommy’s Popshow ist er nun wieder zurück, und wie schon bei seinem Comeback vor neun Jahren, von dem allerdings niemand wirklich Notiz genommen hatte, hat er den bekennenden Stöckelschuhträger Steve Stevens als Gitarristen an seiner Seite. Mit der Produzenten-Ikone Trevor Horn (Yes, Frankie Goes To Hollywood, Pet Shop Boys, u.v.a.) wurde zudem jemand engagiert, der Idols drittes Comeback zu einem erfolgreicheren machen soll.
Rein musikalisch ist diese Rechnung definitiv nicht aufgegangen, und es bleibt abzuwarten, ob Idol seine Rente damit wirklich aufbessern kann. Der schlagerhafte Opener „Bitter Pill“ klingt eher wie die neue Single von David Hasselhoff, und wenn sich Idol und Stevens bei „Postcards From The Past“ auf geradezu erbärmliche Weise selbst zitieren, möchte man sich am liebsten verkriechen und hoffen, dass einen beim Anhören von KINGS & QUEENS OF THE UNDERGROUND niemand gesehen hat. Wäre „Fremdscham“ nicht schon längst von der Duden-Redaktion abgenickt worden, müsste man ihr dieses Album als Belegexemplar zuschicken; aber vielleicht kann man dort ja noch vorschlagen, in einer interaktiven Duden-Version z.B. den Refrain des Titelsongs als Soundbeispiel dafür hinzuzufügen.
So richtig ernst nehmen konnte man Billy Idol eigentlich auch schon zu seiner besten und erfolgreichsten Zeit nicht, aber dafür hinterließ er damals noch Hits für die Ewigkeit („Flesh For Fantasy“,“White Wedding“, „Rebel Yell“, „Eyes Without a Face“). Spätestens nach seinem albernen Modernisierungsversuch CYBERPUNK (1993) wäre es an der Zeit gewesen, die Segel zu streichen bzw. fortan in Las Vegas Touristen zu erschrecken und dabei gutes Geld zu verdienen. Über sein zweites Comeback 2005, das unsägliche Weihnachtsalbum HAPPY HOLIDAYS ein Jahr später und dieses Machwerk jetzt sollte man jedoch einfach den Mantel des Schweigens breiten. Hoffen wir mal, dass „It’s a nice day to start again“ ab jetzt nur noch der Refrain von „White Wedding“ bleibt…
Ohr D´Oeuvre: nichts von diesem Album, stattdessen IDOL SONGS (11 OF THE BEST)
VÖ: 17.10.2014; BFI Records / Kobalt Label
Tracklist:
01. Bitter Pill
02. Can’t Break Me Down
03. Save Me Now
04. One Breath Away
05. Postcards From The Past
06. Kings & Queens Of The Underground
07. Eyes Wide Shut
08. Ghosts In My Guitar
09. Nothing To Fear
10. Love And Glory
11. Whiskey And Pills
Gesamteindruck: 1/10 (einer für die guten alten Zeiten)