Zugegeben: Man hörte nicht mehr viel von LIVE und nach dem Rausschmiss des charismatischen Frontmanns Ed Kowalczyk im Jahr 2009 hatten viele die Band schon abgeschrieben. Doch falsch gedacht! Mit neuem Sänger und vielen rockigen Songs im Gepäck kehren die Amerikaner mit ihrem Album THE TURN zurück und wollen an alte Erfolge anknüpfen.
Bei LIVE kommen wohl gerade diejenigen ins Schwärmen, die zu der Zeit jung waren, als MTV noch richtige Musik gespielt hat. Hits wie „I Alone“ oder „Lightning Crashes“ vom Erfolgsalbum THROWING COPPER wurden seinerzeit rauf und runter gespielt. Bevor die ersten jetzt aber ganz hysterisch werden und eine THROWING-COPPER-Nachfolgeplatte erwarten: Entwarnung ist angesagt! THE TURN ist kein Kracher wie das Meisterwerk von 1994 und der neue Sänger Chris Shinn ist ebenfalls kein neuer Ed Kowalczyk. Und dennoch lohnt es sich reinzuhören, denn die neue Platte stellt für die Band einen besonderen Einschnitt in ihrer Geschichte dar, wie Gitarrist Chad Taylor klarstellt „We deserve a chance to reconnect with the fans to say goodbye to the old era and hello to the new.“ Und mit der rhythmischen Rocknummer „Siren’s Call“ eröffnen LIVE diese neue Ära. Shinn’s Stimme passt sich dem neuen Sound der Band perfekt an. Dem ewigen Vergleichen mit Kowalczyk wird er sich stellen müssen, doch er versucht erst gar nicht wie sein Vorgänger zu klingen. Shinn besticht mit eigenem Stil und flößt den Songs mit seiner weichen, klaren Stimme Leben ein. Sein Talent kommt besonders in dem letzten Song auf THE TURN „Till You Came Around“, einer Akustiknummer, zur Geltung. Doch bis sich das Album wirklich dem Ende zuneigt, rocken LIVE erst mal ab. Groovige Nummern („6310 Rodgerton Dr.“), catchy Songs, die sofort ins Ohr gehen („By Design“) oder ruhige Stücke, die nach und nach Spannung aufbauen, bis sie im Höhepunkt gipfeln – THE TURN hat alles zu bieten, was ein gutes Rock-Album ausmacht. Eine nette Platte also? Absolut! Ein Meisterwerk? Eher nicht. Mit dem Abgang von Ed Kowalczyk als Sänger haben LIVE etwas Markantes verloren, so dass der Wiedererkennungswert nun ziemlich niedrig angesetzt ist. Dennoch schaffen die Amerikaner ein würdiges Comeback und es bleibt zu hoffen, dass die Fans ihre Band auch in der neuen Ära treu bleiben.
Ohr d’Oeuvre: Need Tonight, We Open The Night, Till You Came Around
VÖ: 31.10.2014; Think Loud Recordings
Tracklist:
01. Siren’s Call
02. Don’t Run To Wait
03. Natural Born Killers
04. 6310 Rodgerton Dr.
05. By Design
06. The Way Around Is Through
07. Need Tonight
08. The Strength To Hold On
09. We Open The Door
10. He Could Teach The Devil Tricks
11. Till You Came Around
Gesamteindruck: 7/10