Turbostaat laden an zwei aufeinanderfolgenden Abenden zum vorweihnachtlichen Familientreffen in die Kölner Südstadt und die Familie erscheint nahezu vollständig, um der wohl momentan besten deutschen Live-Band die Ehre zu erweisen.
Das Konzept klingt so einfach wie überzeugend: Zwei Abende, fünf Platten, 63 Songs und Abfahrt. Gut, mit dem Konzept geht der diesjährige Innovationspreis nicht nach Husum, aber im Vergleich zu vielen anderen Bands passiert hier alles mit viel Liebe und Leidenschaft. Die Band mischt sich vor und nach dem Konzert unter das Publikum, die Plattenausgabe der signierten Platten, die jeder bekommt, der ein Ticket für beide Abende gekauft hat, läuft reibungslos und während am ersten Abend noch gespannte Vorfreude herrscht, ist man sich am zweiten Abend sicher, dass der Staat das Ganze triumphal zu Ende bringen wird.
Die Frage, ob alle Alben tragen und vom Publikum angenommen werden, beantwortet dieses bereits beim ersten Song der beiden Abende „Drei Ecken, ein Elvers“ von FLAMINGO. Schon mit den ersten Takten explodiert das Stollwerck und man fragt sich, wie das alles noch gesteigert werden soll. Fortan prügelt sich die Dampfwalze aus dem hohen Norden, getragen von einem enthusiastischen Publikum, durch ihre ersten zweieinhalb Alben. Dabei stellt die erste Hälfte von VORMANN LEISS den eindeutigen Höhepunkt des Abends dar. Bei „Harm Rochel“ und „Insel“ setzt das Publikum Maßstäbe, was den Mitsingfaktor angeht. Das einzig Negative in diesen Momenten ist die Gewissheit, dass irgendwann mitten in VORMANN LEISS Ende sein muss und man gezwungen ist, 24 Stunden zu warten, bevor es weitergeht.
Nach einem leicht verkaterten, kurzen Arbeitstag steigt gegen Nachmittag die Spannung und Vorfreude auf den zweiten Abend des Familientreffens. Man trifft sich zur gleichen Zeit, an der gleichen Stelle und welch Freude, auch die Jungs von Turbostaat sind genauso motiviert wie 24 Stunden zuvor. Man verzichtet auf große Experimente und legt genau da los, wo man am Abend zuvor aufgehört hat. Die Tatsache, dass dies „Bei Fugbaums“ ist, trägt dazu bei, dass das Publikum keine Aufwärmzeit braucht. So verwandelt sich auch an diesem Abend das Stollwerck in einen formidablen Hexenkessel, getragen von der beeindruckenden Livepräsenz der Band. Dieser sieht man an, wie viel Spaß sie hat. Sänger Jan Windmeiers Mimik wechselt zwischen freudigem Grinsen und ungläubigem Staunen ob dem, was da gerade an diesem stürmischen Winterabend im Kölner Süden vonstattengeht. Nach VORMANN LEISS funktioniert das ISLAND MANÖVER genauso gut und wer erwartet hat, dass das Publikum noch Berührungsängste mit STADT DER ANGST haben würde, sieht sich getäuscht.
Nach gut zwei Stunden und 32 Songs beenden Turbostaat ihre Geburtstagsfeier mit FRIEDA UND DIE BOMBEN. Es mag draußen stürmisch gewesen sein an den beiden Abenden – im Vergleich zu dem Orkan im Inneren des Stollwercks jedoch war dieser Sturm nur ein laues Lüftchen. Vielen Dank Turbostaat und auf weitere 15 Jahre!