„You must be obsessed of death and alcohol“ vermutet Torquil Campell über das zahlreich erschienene Publikum im Luxor. Anders kann er es sich nicht erklären, wie es Stars an einem Dienstagabend schaffen, den Laden auf der Luxemburger Straße so pickepackevoll zu bekommen.
Betrachtet man den Auftritt der Band aus Montreal, verwundert dies jedoch überhaupt nicht. Man möchte nur wissen, was Campell an diesem Tag wiederfahren ist, dass er wie ein Derwisch über die Bühne wirbelt. Liegt es eventuell an der Szene, die er am Nachmittag im Kölner Dom beobachtet hatte, wo ein rotbekleideter Pfarrer einen Betrunkenen vor die Tür setzte oder ist es schlicht die Überwältigung aufgrund des regen Zuschauerinteresses. Es ist ein buntes Volk, welches Stars im fünfzehnten Jahr ihres Bestehens anlocken. Von der pinken Community über die verträumten Altfans bis zur obligatorischen Indiepolizei ist alles vertreten.
Und die Band enttäuscht nicht. Ihr Outfit passt schön zum synthielastigen 80s Sound, der schon die letzte Platte NO ONE IS LOST prägt. Vor allem der Schlagzeuger in Latzhose, verspiegelter Sonnenbrille und Truckerkappe scheint sich für einen Job bei der nächsten Reunion Tour von Frankie goes to Hollywood oder den Village People zu bewerben.
Den Einstieg bildet „From the night“. Das erste Drittel wird deutlich von der aktuellen Platte dominiert. Dabei schafft es die Band, die Songs aus den verschiedenen Phasen ihres Schaffens in ein einheitliches Soundgebilde zu packen, an welches sich die Zuschauer erst gewöhnen müssen. Die Bewegung nimmt erst in der zweiten Hälfte mit erhöhtem Wiedererkennungswert alter Hits wie „Take me to the riot“ oder „One more night“ zu. Allerdings ziehen die Kanadier von Beginn an mit ihrer Performance und in erster Linie durch die Show von Campell und seinem kongenialem Zusammenspiel mit Amy Millan die Zuschauer in ihren Bann. Ist er der Derwisch, der Antreiber, der sich bisweilen in seinen Songs zu verliert, ist sie der ruhende Pol. Über den Dingen schwebend hindert sie ihren Kollegen ein um das andere Mal am Abdrehen. Sinnbildlich legt sie an einer Stelle den Finger an die Lippen und holt Campell in den Song zurück. Ihre eher klassische Stimme und Gestik passt dabei perfekt zu seiner Unruhe, was dem ganzen Treiben auf der Bühne fast etwas Choreografisches gibt. Singen beide zusammen, ist eine Gänsehaut fast garantiert. Umherstehende meinen, es erinnert sie fast ein wenig an ein Musical.
Stars geben die perfekte Liveumsetzung ihrer Platten. Sie wirken wie Getriebene aus der Halbwelt zwischen Tag und Nacht, zwischen Euphorie und Depression. Dies macht ihre Anziehungskraft aus. Nach 90 Minuten schließen sie ihr Set mit zwei Zugaben und etlichen Danksagungen an das Publikum. Ein wunderbarer Abend, hat es die Band doch verstanden, ihre Besessenheit an das Publikum weiter zu reichen.
Foto: Shervin Lainez