So farbenprächtig wie das Lichtkonzept am Abend daherkommt, umso farbloser ist die Bühnenshow von Alt-J. Obendrein hat das Stimmungsbarometer die Zenit-Stufe leider verfehlt. Es ist dennoch ein musikalischer Leckerbissen, sodass die weitangereisten Fans am Abend sicher nicht enttäuscht sind.
Hingegen steht die Temperaturskala im ausverkauften Palladium auf Anschlag. Wen wundert es bei einem Fassungsvermögen von knapp 4000 Leuten? Es bestätigt sich eben immer wieder, dass die Location-Auswahl wesentlich zur Stimmungslage beiträgt. Viele der Anwesenden ringen um Fassung, wenn nur noch der unliebsame Platz hinter einem der vielen Stahlträger zur Verfügung steht. Die Sicht auf die Bühne fällt von hier aus eher dürftig aus.
Es kommt somit umso mehr darauf an, was die Gesangsakrobaten, die zwischen Wohlklang und Disharmonie balancieren, zum Besten geben. Um 21:20 Uhr erklimmt die Band, begleitet von rotem Scheinwerferlicht und einer Ladung Nebelschwaden, die Bühne. Der Rauch verzieht sich und „Hunger of The Pine“ ertönt. Wesentlich unspektakulärer ist es danach, in leere Gesichter zu blicken. Man darf es den Jungs nicht übel nehmen, dass diese das Konzept von Introvertiertheit vorziehen. Die Band redet nun mal nicht gerne. Ein „Vielen Dank“ und die Danksagung, dass sie „froh seien hier zu spielen“, entweicht Keyboarder und Sänger Gus Unger-Hamilton dann trotzdem noch.
Ihre Schüchternheit auf der Bühne tut dem Ganzen jedoch keinen Abbruch. Man konzentriert sich somit mehr auf das Wesentliche. Das Repertoire der Briten hält tiefgründige Bässe bereit und driftet ab in einen psychedelisch-anmutenden Raumklang. Ein Paradebeispiel hierfür ist „Leaving Nara“. Es ist ein Song der neuen Platte, der mit wenig bis gar keinem Gesang auskommt, dafür aber jene Anmut und Charakter besitzt. Kein Wunder also, dass man sich den Track bis zum Schluss aufgespart hat. Ebenso vertieft ist man in die A-Capella Gesänge mit Wiedererkennungswert. Joe Newmann alias „die Stimme“ von Alt-J ist Einzigartigkeit par excellence.
Im letzten Jahr hat man aufgrund des Mangels an Songs das Konzert bereits nach 40 Minuten beenden müssen. Man blickt derweil auf mehr Material zurück. Es ist somit nicht verwunderlich, dass das zweite Album THIS IS ALL YOURS nicht Dreh-und Angelpunkt des Gigs ist. Vielmehr bauen die vier in Leeds beheimateten Musiker auch heute noch auf ihre damaligen Erfolge auf, welche vor Jahren von der Musikpresse so gelobt wurden. Nicht wegzudenken sind die Tracks „Breezeblocks“ und „Dissolve Me“, weshalb man sich ersteres für das Grande Finale aufgespart hat. Dennoch sind die ersten Lieder rasch gespielt, weshalb die eine Stunde Spielzeit rasend schnell an einem vorbeizieht. Auf einer Richtwertskala bis zum Feuerwerk der Emotionen gemessen, ist ihr Auftritt ein solides und dennoch loderndes Kaminfeuer, welches zwar Rauch verursacht und sich daher bemerkbar macht, jedoch noch viel Raum lässt, um sich weiter auszubreiten. Das nächste Jahr wird es zeigen, wie sich der Banderfolg weiter entwickelt, oder ob Alt-J auf Bewährtes zurückgreifen.
Setlist:
Hunger of the Pine
Fitzpleasure
Something Good
Left Hand Free
Dissolve Me
Matilda
Bloodflood
Bloodflood Pt. 2
Leon (Ripe & Ruin)
Tessellate
Every Other Freckle
Taro
Warm Foothills
The Gospel of John Hurt
Zugabe:
Lovely Day
Nara
Leaving Nara
Breezeblocks
Fotos: Juli Leykauf