Mit LOST THEMES ermöglicht John Carpenter eine audiophile Zeitreise in die gute alte 80er-Jahre-Ära des Films. Wären diese Klangminiaturen besser verloren gegangen?
Diese Frage kann man nach dem Studium der knappen Dreiviertelstunde, die sich auf insgesamt neun Anspielstationen verteilt, getrost verneinen. Denn trotz einer Pause von fünf Jahren als Regisseur bzw. sogar 13 Jahren als Filmkomponist hat der Erfinder des neuzeitlichen Horrorfilms sein Handwerk in keiner Weise verlernt.
Pulsierende Tracks werfen uns durch Carpenters Trademark-Melodien direkt in die seligen 80er-Jahre („Fallen“), als ein Filmheld noch im muskelbetonten Unterhemd ganze Städte vor Kriminellen rettete oder sogar noch weitaus gefährlichere Gegner hatte.
Dabei ist der Albumtitel durchaus wörtlich zu nehmen. Denn diese scheinbar verlorenen Musikstücke erscheinen als die perfekte Untermalung nicht existenter Filme, wie sie nur der Großmeister höchstpersönlich produzieren kann. Jeder Track fasst hierbei in nur jeweils einem Wort als Liedtitel die dunkle Seite konsequent zusammen, mit der sich Carpenter in seinen Werken seit mehr als 40 Jahren sowohl in Bild als aber auch in Ton (u.a. Saturn Award für den Soundtrack zu „Vampires“) auseinandersetzt. Besonders gut zu erkennen ist diese Verbindung im autogenerierten Video zur ersten Single „Vortex“, welches aus losen Versatzstücken seiner Großtaten der vergangenen Jahrzehnte besteht und deutlich macht, wie stark seine musikalischen und filmischen Visionen ineinanderfließen, sich gar gegenseitig bedingen.
Bekannterweise gilt John Carpenter als eher menschenscheu und arbeitet gerne mit wenigen, ausgewählten Schauspielern zusammen. Auch auf LOST THEMES finden sich keine (vokalen) Beiträge anderer Künstler, vielmehr erarbeitete er mit seinem Sohn Cody Arrangements, die sich zwar an alten Werken orientieren, jedoch frei von Zelluloid-Restriktionen und Nostalgie nach und nach ihre intensive Stärke offenbaren.
Ohr d’Oeuvre:
SEMEHT TSOL
VÖ: 30.01.2015; Sacred Bones (Cargo Records)
Tracklist:
01. Vortex
02. Obsidian
03. Fallen
04. Domain
05. Mystery
06. Abyss
07. Wraith
08. Purgatory
09. Night
Gesamteindruck:
9/10