Fast zweieinhalb Jahre ist es her, dass Noel Gallagher mit seinen High Flying Birds zuletzt Halt in Düsseldorf machte. Damals füllte sich die Mitsubishi Electric Halle gerade einmal halb. Am Donnerstagabend ist es mit ca. 5000 Fans deutlich voller, aber irgendwie scheint dem 47-Jährigen die Landeshauptstadt nicht richtig zu liegen, denn genauso wie bei seinem letzten Besuch gelingt ihm nicht die ganz große Show. „My first shit one“ lautet das selbstkritische Fazit in „Tales From The Middle Of Nowhere“, dem Tourtagebuch auf seiner Homepage. Damit hat er dann allerdings doch ein bisschen übertrieben.
Vielleicht liegt es an den zahlreichen Fernsehkameras um ihn herum, die das Konzert für den Rockpalast im WDR aufzeichnen und zugleich dafür sorgen, dass man live am TV und via Stream dabei sein kann. Auch nach über 20 Jahren Bühnenerfahrung scheint das immer noch nicht ganz Gallaghers Ding zu sein. In solchen Fällen wäre ihm wohl Bruder Liam an der Seite doch ganz lieb, der mit übermäßiger Präsenz bekanntlich keine Probleme hat. Wo dieser eigentlich sei, fragt ein Fan aus dem Publikum. „Ist wahrscheinlich in London und guckt sich im Spiegel an“, lautet Noels Antwort. Wirklich was anderes zu tun haben dürfte er ja tatsächlich nicht nach dem Aus von Beady Eye und dem jüngst erfolgten Dementi eines Soloalbums.
Die Menge feiert Noel Gallagher vom ersten Song an – da nutzt es auch nichts, dass er sich noch wortkarger zeigt, als er sonst ohnehin schon während seiner Shows ist, und der Gesichtsausdruck noch ein wenig gequälter erscheint. Stücke vom gerade veröffentlichten zweiten Soloalbum CHASING YESTERDAY werden durchweg textsicher mitgesungen, „Lock All The Doors“ und „You Know We Can’t Go Back“, die von den übrigen neuen am meisten nach Oasis klingen, wahrscheinlich auch gerade deshalb frenetisch gefeiert. Doch so richtig in Stimmung kommen insbesondere die englischen und schottischen Reisegruppen, als Gallagher „Champagne Supernova“, die Oasis-Hymne schlechthin, anstimmt. Und genau da kommt er durch, der kollektive Freudentaumel. Bierbecher fliegen in die Luft, man liegt sich in den Armen, schreit jede einzelne Textzeile aus tiefster Überzeugung heraus. So viel Hingabe, so viel Euphorie und so viele glückliche Gesichter. Wegen eines simplen Songs. Eine Faszination, die rational nicht zu erklären ist. Aber warum auch.
Einen weiteren Höhepunkt findet diese Faszination bei – natürlich – „Don’t Look Back In Anger“, der ersten von drei Zugaben. Gallagher selbst ist bereits seit der Anfangssilbe nicht mehr zu hören. Er versucht auch erst gar nicht, im Refrain gegen 5000 Kehlen anzusingen. Als nach gut 90 Minuten die Show zu Ende geht, ist das Düsseldorfer Publikum mit Noel Gallagher’s High Flying Birds weitaus zufriedener, als der Frontmann es offenbar selbst ist. Für die Besucher von der Insel geht es übrigens noch weiter auf die Aftershow-Party in der Altstadt. Zu Oasis-Songs abfeiern.
In der Nacht auf den 05.04.2015 um 00.15 Uhr läuft die Aufzeichnung der Show im Fernsehen beim WDR Rockpalast.
Fotos: Julia Laacks
Setlist:
Do The Damage
(Stranded On) The Wrong Beach
Everybody’s On The Run
Fade Away
In The Heat Of The Moment
Lock All The Doors
Riverman
The Death Of You And Me
You Know We Can’t Go Back
Champagne Supernova
Ballad Of The Mighty I
Dream On
The Dying Of The Light
The Mexican
AKA… Broken Arrow
Digsy’s Diner
If I Had A Gun
Don’t Look Back In Anger
AKA… What A Life!
The Masterplan