Ava Luna scheinen ihre Metamorphose mittlerweile abgeschlossen zu haben. Üblicherweise entsteht bei so etwas ja aus einem kleinen und nicht sehr ansehnlichen Lebewesen ein größeres, und nach allgemeinem Verständnis handelt es sich dabei um einen höchst attraktiven Hingucker. Davon kann bei dem Fünfer aus Brooklyn jedoch irgendwie nicht die Rede sein.
Schon bevor sie sich in ihren Kokon zwängten, waren sie mit ihrem Math Soul/Art Funk für viele eine schnieke Raupe, aus der eigentlich nur ein krass hübscher Schmetterling werden konnte. Als sie mit ELECTRIC BALLOON ein erstes Signal aus dem aufbrechenden Kokon schickten, war man überrascht, dass dieses eher sperrig ausfiel und es unglaublicherweise doch eher auf ein hässliches Entlein hinauszulaufen schien. Aus dieser pervertierten Biologie müsste nun eigentlich folgen, dass sie mit INFINITE HOUSE als majestätischer Schwan weitermachen, aber majestätisch klingt das neue Album nicht gerade.
Mit Felicia Douglass und Rebecca Kauffman hat die Band um Carlos Hernandez ja eigentlich zwei Sängerinnen, mit deren Stimmen man auch Destiny’s Child-artige Nummern bringen könnte. Stattdessen agieren beide wie schon auf dem letzten Album eher zurückhaltend; bei „Steve Polyester“ gibt Douglass gar eine Spoken-Word-Performance, anstatt zu singen. Wer sich einen derartigen Luxus leistet, muss sehr von sich überzeugt sein. Ava Luna sind von sich überzeugt – und zwar zu Recht! Ihre eigenwillige Mischung aus Indie, Soul/Funk, No Wave, Post-Punk und sogar Krautrock ist einzigartig. Anstatt sie gegen Radio-Beliebigkeit einzutauschen –was bei entsprechender Produktion sicherlich möglich gewesen wäre– sind sie auf ihrem dritten Album einfach dabei geblieben. Durch den Mix von Dave Fridmann (Flaming Lips, Sleater-Kinney) haben sie ihrem Sound jedoch im Gegensatz zur trockenen und vergleichsweise unaufregenderen Produktion von ELECTRIC BALLOON aber doch noch einen Kick gegeben, denn dieser unterstreicht den immanenten Größenwahn von Ava Luna vor allem an den Stellen, an dem der Pegel bewusst übersteuert wird.
Ava Luna werden also auch mit INFINITE HOUSE keine Radioband, sondern etablieren sich als die unbequeme, aber genau dadurch interessant bleibende kleine Indie-Band, die nicht für jeden etwas sein dürfte. Schmetterlinge kann ja jeder toll finden und sich deshalb aufs Schulterblatt tätowieren lassen, aber hat schon mal jemand versucht, einen Schwan zu streicheln?
Ohr D’Oeuvre: Black Dog, Victoria
VÖ: 14.03.2015, Western Vinyl
Tracklist:
01. Company
02. Tenderize
03. Steve Polyester
04. Roses and Cherries
05. Coat of Shellac
06. Infinite House
07. Black Dog
08. Best Hexagon
09. Billz
10. Victoria
11. Carbon
Gesamteindruck: 9/10