Für klug eingesetzten Retrosound sind die Kollegen von der britischen Insel ohnehin immer zu haben. Palma Violets konnten 2012 und 2013 daraus Profit schlagen und sich nicht nur im BBC Soundpoll platzieren, sondern mit ihrem Debütalbum 180 auch auf Anhieb in den dortigen Album-Top 20 landen. Nun sind die Londoner mit dem Nachfolger zurück – und machen im Prinzip dort weiter, wo sie aufgehört haben.
Und das hat einen nicht unwichtigen Grund: Die lange Zeit auf Tour und im Rampenlicht schien ihre Spuren hinterlassen zu haben. Kaum hatte sich das Indiequartett zu den Aufnahmen von DANGER IN THE CLUB gemeinsam mit Starproduzent John Leckie (The Stone Roses, Radiohead) zurückgezogen, klagten sie auch schon dem britischen NME ihr Leid. Der Sprung sei ihnen zu groß gewesen, so Bassist und Sänger Chilli Jesson. Er habe das Gefühl, die Band habe in den zwei zurückliegenden Jahren das Element der Jugend verloren.
Also wurde das Schlagwort „Weiterentwicklung“ erst mal aus dem Sprachschatz der Indierocker gestrichen, um die jugendliche Unbeschwertheit zurückzuholen. Das klappt auch vom Start weg: Mit „Hollywood I Got It“ und „Girl, You Couldn’t Do Much Better On The Beach“ (das 26-Sekunden-Intro „Sweet Violets“ ignorieren wir an dieser Stelle einmal) beschwören die Palma Violets direkt wieder den Spirit, der sie 2012 so beliebt gemacht hat. Wiederholt kitzeln sie die Energie aus Retro-Garage, Mod und frühem Punk hervor, die sie vor Jahren bereits beim kraftvollen John-Foggerty-Cover „Rattlesnake Highway“ verbreitet haben. Und lassen gleichzeitig immer wieder eine latente Sehnsucht nach den großen Pophymnen der Vergangenheit mitschwingen. Denn spätestens beim abschließenden „English Tongue“ ist man gewillt, sein halb ausgetrunkenes Guinness-Glas zu heben und sich mit dem Rest der Pub-Besucher zu verbünden, um bierselig Textzeilen wie
„There must be someone with an English tongue /
marking your words for the miles you lost /
It’s gonna be a cruel cruel winter
Let him go /
Let him go /
And everybody knows just who I am“
mitzugrölen. Da kann die Weiterentwicklung ruhig noch etwas auf sich warten lassen.
Ohr d’Oeuvre: Hollywood I Got It / On The Beach / Gout! Gang! Go! / English Tongue
VÖ: 01.05.2015; Rough Trade / Beggars / Indigo
Tracklist:
01. Sweet Violets
02. Hollywood I Got It
03. Girl, You Couldn’t Do Much Better On The Beach
04. Danger In The Club
05. Coming Over To My Place
06. Geronimo’s Last Stand
07. The Jacket Song
08. Matador
09. Gout! Gang! Go!
10. Walking Home
11. Peter The Gun
12. No Money Honey
13. English Tongue
Gesamteindruck: 7/10