Der Club Bahnhof in Köln Ehrenfeld ist voll: Vor zwei Jahren gastierte hier die schon 1997 gegründete Fusion Brass Band schon einmal und die Vorfreude auf das Wiedersehen ist groß. Das Publikum ist gemischt, von richtig jung bis 50++.
Sowohl die Brass Community als auch die aufgeschlosseneren HipHop-Freunde in Köln haben diesem Gig gespannt entgegengesehen. Es begann vor ca. 15 Jahren mit traditioneller amerikanischer Blasmusik im Stil einer New Orleans Brass Band. Heute integriert die Besetzung aus Vocals, Bläsern und Drums Hip-Hop, Jazz, Funk und Soul in einer noch nie gehörten Weise und schafft damit etwas völlig Neues.
Die Band eröffnet mit einem Cover des Funk-Klassikers „Ain’t Nobody“ (Rufus & Chaka Khan) aus der aktuellen Veröffentlichung PAX VOLUMI. Die Band wirkt bei aller Freundlichkeit zu Konzertbeginn ein paar Minuten lang tourmüde, aber das dauert nicht lange. Bei der Arbeit kommt das Vergnügen und sie kommen schnell auf Touren. Zwischen Band und Publikum, na ja – funkts. Beim zweiten Song „20 Questions“ stoppt eine Panne die Show: Ein Riemen an der Snare des Drummers und Sängers David Henzie-Skogen ist gerissen. Man bespricht mit dem Publikum, welcher Gürtel wohl als Ersatz dienen könnte – Gesuche, Gefummel. In der Zwischenzeit könne man ja miteinander plaudern, schlägt Henzie-Skogen vor: „How’s your mum?“ Ein Roadie bringt dann doch noch Ersatz und es kann weitergehen.
Herz und Zentrum des Auftritts ist der Performer (Vocals, Körpersprache, Drums) David Henzie-Skogen. Er koordiniert alles, er sagt und feuert an und verbreitet eine authentische Atmosphäre des Miteinanders. Zwischendurch fragt er listig, ob wohl zufällig ein paar Musiker im Publikum wären. Das Saallicht geht an und sehr viele Arme nach oben.
Da stehen echte Virtuosen auf der Bühne; Einsätze und Zusammenspiel sind perfekt und es gibt oft Raum für Soli, die auch von den Bandkollegen mit Begeisterung und Interesse verfolgt werden. Von Müdigkeit ist nichts mehr übrig. Charakteristisch für den Sound der Youngblood Brass Band ist das großmächtige Sousaphon (wunderbar: Nat McIntosh), das nicht nur unterstützt, sondern als völlig gleichberechtigtes Instrument geführt wird. McIntosh pusht sein Instrument unter anderem in einem Solo souverän in selten von einem Sousaphon gehörte Höhen und legt so etwas wie einen Scat damit vor. Tosender Applaus dafür.
Die Youngblood Brass Band spielt die meisten Titel aus PAX VOLUMI, Stücke aus älteren Alben und zwischendurch gibt es ein vom Sänger gefilmtes Happy Birthday-Ständchen von Publikum und Band für den Drummer Conor Elmes. Einzig das Michael Jackson Cover „Human Nature“ ist etwas konventionell geraten und könnte ein paar mutigere Eingriffe vertragen – ansonsten hält der Abend voll und ganz, was sich die Besucher versprochen haben. „Rigorous dancing is also acceptable“ fordert die Band im Netz auf – dem wird heute konsequent gefolgt.
Nach etwa 1 1/2 Stunden geht die Band kurz hinter die Kulissen und lässt sich dann noch mal für eine Zugabe herausklatschen – das informierte Publikum drängelt nicht nach mehr (irgendwann ist die Puste eben mal alle) und nutzt nach einer Info des Sängers über die Wichtigkeit dieser Einnahmequelle (support your artist) dann die Gelegenheit, direkt von Bühne herunter Musik, T-Shirts und ausgezeichnetes Artwork zu kaufen und dabei ein Wort mit den Bandmitgliedern zu wechseln. Wer schon versorgt ist, tanzt zu Musik vom Band Swing (!), was bei dem Aufkommen an Surfershorts einen besonders schicken Anblick bietet.
Blasmusik kann eine schmerzliche Erfahrung sein und vielleicht kann gerade Deutschland davon ein Lied tröten. Die Fulminanz und die Kreativität dieses Auftritts blasen den Staub von alten Vorstellungen, was geht und was zusammen passt. Wer die Band heute zum ersten Mal gehört hat, geht als Fan nach Hause und freut sich auf die nächste Gelegenheit, sie wieder live zu hören. Die Fans haben natürlich schon vorher gewusst, dass es ein großartiger Abend wird. So viele Musiker…